Hallo Irma,
ja heute ist vieles eigentlich einfacher, dadurch auch, dass man an Informationen leichter durch das Internet herankommen kann. Aber dennoch muss man sich die erst manchmal mühsam zusammen suchen. Und vieles, wie eben der begleitete Ausschleichversuch war eher abseits zu finden, diesem Thema hat sich dann eher die "Antipsychiatrie" angenommen.
Doch ich glaube, dass auch da ein Umdenkprozess in Gang kommt. Immer mehr Mediziner und eben auch Forscher sehen, dass hier ein ganzer Bereich brach liegt und doch haben sie in der Praxis eben immer wieder mit Menschen zu tun, die einen Absetzversuch wagen wollen. Und weil diese Menschen meist niemanden finden, der das begleitet, bzw. sogar auf "Ablehnung" stoßen, tun sie es dann im Selbstversuch, was dann leider zu Absetz-Psychosen/Absetz-Manien/Absetz-Depressionen führt, weil es den Rebound-Effekt gibt.
Auch immer mehr Fachliteratur beschäftigt sich mit dieser Thematik.
Ich wünsche mir da auch ein aufgeklärtes Psychiatrie-Hilfe-System, die Menschen mit diesem Wunsch nicht alleine lässt, sondern sie mit Informationen versorgt und diesen Versuch ernsthaft begleitet und die Menschen adäquat darauf vorbereitet. In dieser Vorbereitungsphase hat die Person noch die Möglichkeit selbst zu entscheiden, was bei einem Notfall passieren sollte.
Es braucht also eine Kultur des begleiteten Reduktions- und Absetzversuchs, die nicht da aufhört, wenn der Versuch gescheitert ist, sondern genau den Punkt aufgreift und ihn ebenso bearbeitet.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).