Hallo Dragon,
ich kenn Dich nicht, ebenso nicht, wie deine Phasen bisher abgelaufen sind und was du da für ein Risiko eingehst.
Eine Frage ist, ob du vorhast, einen gut durchdachten und gut durchgeplanten Absetzversuch zu gestalten oder ob du einfach deine Medis weglassen willst.
Setzt du einfach deine Medis ab, wird es zu 99% komplett in die Hose gehen, vor allem wahrscheinlich mit extremen Folgen für dich und deine Umwelt.
Anders sehe es aus, wenn du deinen Absetzversuch wirklich planst und dazu ebenso eine ärztliche Begleitung hast.
Hier wurden schon einige Fragen gestellt, die solltest du dir auf jedenfall stellen, bevor du an diesen Versuch heran gehst.
- Was kann die Folge sein und wie willst du, was dann passieren soll, wenn du selbst nicht mehr entscheiden kannst (was dir in einer Krankheitsphase wahrscheinlich nicht bewusst sein wird und es dann gegen deinen Willen passieren wird).
- Wer soll in einem Worst Case-Szenario über dich entscheiden (auch gegen deinen aktuellen Willen)?
- Was soll dann in einer Klinik geschehen?
- Welche Medikamente haben dir damals geholfen, um eine Manie runter zu fahren?
- Wem vertraust du und welche Menschen können dich im Auge behalten, neben einem Arzt?
- Hast du einen Arzt, der sich mit der Reduktion und dem Ausschleichen gut auskennt?
- Kennst du deine Frühwarnsymptome?
- Weißt du, was für dich Kontraproduktiv ist, was deine Trigger sind, was für dich Stress bedeutet?
- Kennst du neben Medikamente weitere Strategien, die dir helfen, dich zu erden? Was tust du, um dich stabil zu halten?
- Bist du bereit, dann auch Bedarfsmedikation zu nehmen?
- Hast du die Zeit, die Geduld und Muße, so ein Absetzversuch ganz langsam zu vollziehen, ggf. wieder Aufzustocken?
- Kannst du dazu ehrlich dir und deinem Arzt gegenüber sein?
- Wer würde von den möglichen Folgen unmittelbar betroffen sein (Partner, Kinder, Freunde) und wie?
- Bist du im Moment in einer eher ruhigen Lebensphase, steht also im Moment kein großes Unternehmen bevor, wie Arbeitsplatzwechsel, Umzug, Hochzeit oder sontige Ereignisse, die ein Leben schon mal ein wenig durcheinander wirbeln können?
Wenn du also wirklich eine Chance haben möchtest, dass es nicht ganz und gar in die Hose geht, dann solltest du dir diese und andere Fragen ganz genau beantworten und extrem gut vorbereitet daran gehen und ein gutes Unterstützungsteam, nebst Arzt/Ärztin) und ggf. Therapeuten/in an deiner Seite haben.
Aber selbst dann, kann dir niemand eine Garantie geben, ob es geht oder wie glimpflich eine mögliche anlaufende Phase ausgehen
wird. Je länger du schon in den Medikamenten bist und je höher die Dosis, desto länger und langsamer sollte der Ausschleichprozess sein, ggf. kann dies sogar 1 oder 2 Jahre (und nicht Monate) in Anspruch nehmen.
Viele Grüße Heike
------------------ Signatur --------------------------
Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 20.06.18 17:39.