Hallo Tigger,
Ich bin 26 und bisher überhaupt nicht gut klargekommen.
Im folgenden meine unglückliche Geschichte:
Ernsthaft erkrankt bin ich mit 19,20, zu Beginn meines ersten Studiums.
Ich hatte zwar davor auch schon Stimmungsschwankungen und Depressionen,
aber das war alles noch einigermaßen kontrollierbar.
Mit dem Studium stieg eindeutig der Druck (obwohl ich mir den schon immer gemacht habe),
da es sich um ein kreatives Studium gehandelt hat (Freie Kunst) waren der Selbstausbeutung dementsprechend auch keine Grenzen gesetzt. Passend dazu die erste Hypomanie, ich denke da bin ich ausgetischt.
Anfangs konnte ich meine Ideen noch materialisieren, hatte noch Ansätze zum Ausdruck, die von einigen Professoren auch beklatscht wurden, aber es bedeutete mir nichts mehr weil ich schon die Kontrolle verloren hatte.
Es sprudelte nur so aus meinem Unterbewusstsein, mein Ich ist schließlich zerflossen, leider ist das keine Übertreibung. Phasenweise war ich total blockiert, total depressiv. Ständig stand ich unter Produktions und Schaffensdruck, der künstlerische Ausdruck, der mir vor dem Studium als Ventil diente, mein Puffer, und ein stückweit auch Existenzberechtigung wurde mir immer unzugänglicher, da es schließlich verwertet werden sollte, um überhaupt noch irgendwelche Leistungen im Studium bringen zu können. Das ging dann über längere Phasen auch nicht mehr. Allerdings war ich während des Studiums die meiste Zeit gar nicht in Behandlung, und habe auch keine Medikamente genommen. Nur einmal 2 Wochen Tagesklinik 2015 und eine kürzere Therapie und Anfang 2017 schließlich in einer selbst gewählten, wirklich guten Psychiatrie für 1 1/2 Monate, und das war dann mein erster Lichtblick. Durch eine Selbsthilfegruppe bin auf Lamotrigin gestoßen und nehme es seit Ende 2016, allerdings nur 50 mg. Wahrscheinlich zu niedrig.
Ich denke bei mir war das Problem die Kombi Studium und Erkrankrung die toxisch war.
Nachdem ich aus der Klinik kam, ich war immer noch in dem Studium, hatte ich ein paar Monate später den Abschluss gemacht und bin dabei schleichend in eine Hypomanie geschlittert. Es war der Fehler, mir keine Zeit dafür zu geben, mein Verhalten zu ändern, schon wieder kreierte ich eine Stresssituation in der ich nur die alten Muster abrufen konnte. Es braucht wohl einfach viel mehr Zeit die zu verändern.
Ich dachte ich könnte meine Probleme mit Beendigung des Studiums, Wohnortwechsel, und Beginn eines weiterführenden Studiums lösen. Ich hatte bereits einen Platz für einen Master-Studienplatz (kunsttherapeutischer Bereich), doch als ich in der Stadt nach einer Wohnung suchte, kam der schlimme Zusammenbruch.
Ich hatte mich wieder Monate lang ignoriert, gedacht, ich muss da jetzt durch etc.
Das endete schließlich in hämmernden suizidalen Gedanken, und einer wirklich sehr dunklen Depression.
Im gleichen Monat, in dem ich den Zusammenbruch hatte, bewarb ich mich jedoch noch für ein anderes Studium, begann dieses, brach es nach 3 Wochen ab, schrieb mich für eine andere Uni ein und probierte dies erfolglos die nächsten Monate. Ich musste zu meinen Eltern ziehen, es ging nicht anders.
Ich habe nun aktuell ein Lehramtsstudium begonnen, in dem ich mir zumindest Anteile meines ersten Studiums anrechnen lassen kann. Es gibt viele Baustellen, der Beruf ist nicht klar, mir fehlen Erfahrungen für eine beruflich konkrete, gefühlt bejahte Entscheidung, ich bin finanziell abhängig etc., zum Teil auch isoliert.
Ich finde es sehr schwierig mit dem Handicap zurechtzukommen, oft will ich es nicht wahrhaben.
Mir erscheint der Grad sehr schmal zwischen dem positiven Gefühl/Drang etwas leisten zu wollen, auch Teil der Gesellschaft sein zu wollen, gestalten zu wollen und dem Druck etwas leisten zu sollen, immer wieder zu spüren, dass so vieles zwischen mir und den anderen steht. Ich habe tatsächlich das Gefühl, einige entscheidende Phasen nicht bewältigt oder verpasst zu haben, charakterliche Unfestigkeit oder Schwächen sidn entstanden, da konnte sich in all den Krisen einiges nicht entwickeln, es macht das Leben schwer. Das ist der Widerspruch zwischen Gesunden-wollen aber eigentlich schon im Beruf stehen sollen, im Vergleich zu anderen weit hinterherzuhinken. Ja, vergleichen bringt nichts. In guten Phasen weiß ich das auch.
Puh, langer Text.
Musste das auch mal loswerden hier.
Schönen Abend euch allen,
die Vögel zwitschern so schön und es ist warm, auch in dunklen Zimmern.
limitsofcontrol