Hallo nochmal, ich glaube, ich hatte mich noch gar nicht vernünftig vorgestellt.
Vor fünf Jahren im Alter von 32 Jahren hat man mich schizo-affektiv gestört diagnostiziert und erst letztes Jahr im August habe ich die Diagnose bipolare Störung (mE Typ 1) bekommen.
Phasen hatte ich eigentlich schon immer, aber vor 2012 nie so extrem, dass ich zwangseingewiesen wurde. Medikamentös behandelt wurde 2009 bis 2011 eine mittelschwere Depression mit Antidepressiva (Fluoxetin).
2012 hat man mich auf 2mg Risperidon gesetzt, was mich auch sofort aus der Manie in die Depression geworfen hat, weshalb ich dann wechselte auf 5mg Abilify und auch damit ging es nicht sehr viel besser. Das schlich ich in Absprache mit Arzt zu Ende 2013 aus.
2014 war ich ganz ohne Medis und nicht wirklich stabil, aber ich behielt meine Handlungsfähigkeit trotz 1 Umzug und 2 Todesfälle in dem Jahr.
Anfang 2015 ging es dann nicht mehr und ich landete wieder in der Klinik, weil ich nicht wieder Neuroleptika nehmen wollte. Man verkaufte mir Olanzapin als Schlaftabletten und das hatte ich zunächst als Bedarf, wovon ich ca alle 6 Wochen Gebrauch machte und merkte, dass es mir tatsächlich beim Einschlafen helfen kann.
2016 war ich dann von Mai bis August hochgradig manisch und bin immer wieder psychotisch dekompensiert, was ich dann wieder abfangen konnte. Ich kam also von der Psychose runter, weil ich mich zur Ruhe zwang, aber die Manie blieb. Das war meine erste dysphorische Manie und echt nicht angenehm, einfach nur sehr, sehr anstrengend.
Seit Klinikaufenthalt im August und September bin ich also wieder auf Olanzapin, zunächst 10mg und jetzt bin ich dabei, von 3,75mg zu reduzieren auf 2,5mg, weil ich einfach die ganze Zeit zu viel schlafe und depressiv bin. Mir ist nicht klar, ob es diesmal eine medikamenteninduzierte Depression ist, oder ob die auch ohne das Olanzapin bleibt.
Mein Eindruck ist, dass man schnell mit Zwang und Medis bei der Hand ist, wenn ich manisch bin, weil ich den Leuten dann auf den Sack gehe, aber mit meinen Depressionen fühle ich mich allein gelassen. Und die habe ich seit der zweiten Klasse immer wieder.
Neulich ist mir von einem Genesungsbegleiter sehr zu Lithium geraten worden und der hat mich auch gefragt, wie ich mich denn fühle und ich meinte "naja so mittig", aber ich bin einfach wieder wie gewohnt unterm Strich und halt nicht manisch.
Ich kenne einen Softwareentwickler, der seit 18 Jahren stabil ist dank Lithium wie er sagt und sehr zufrieden damit ist trotz leichtem Tremor. Ich bin 37 und vielleicht könnte ich unter Lithium auch wieder Vollzeit arbeiten? Mittlerweile bin ich berufsunfähig und berentet.
Gegen Lithium spricht, dass ich mit einer relativ geringen Dosierung Olanzapin auskomme und Lithium zweimal am Tag nehmen müsste. Mich schreckt die Vergiftungsgefahr etwas ab und die Tatsache, dass ich dann nicht mehr frei justieren kann, sondern jede Änderung über Arzt und mit Blutkontrollen laufen muss. Zudem habe ich Angst, nachher mit Lithium und Olanzapin dazustehen, weil mir das Olanzapin wirklich super beim Einschlafen hilft (ich fühle mich schon fast abhängig) und ich schon beim Runterdosieren Schwierigkeiten bekomme. Ohne Schlaf werde ich manisch und dann bin ich wieder in der Klinik. -.-
Für Lithium spricht die Hoffnung auf ein "normales" Leben ohne Depressionen und ohne Manien. Ich mag nicht den ganzen Tag immer nur damit beschäftigt sein, zur Ruhe zu kommen. Das kenne ich aus meinen Versuchen, ohne Medis zu leben.
Zusätzlich setzt mich die Haltung meines Partners unter Druck, der der Ansicht ist, ich müsste mich nur (mithilfe einer Psychotherapie oder so) mit meiner Vergangenheit auseinandersetzen und könne dann ohne Medikamente auskommen, weil ich dann nicht mehr manisch werden müsste, wenn ich alles besprochen habe. Er würde mich lieber nochmal manisch/psychotisch sehen als lebenslang mediziert. Er glaubt nicht an das schulmedizinische Konzept chronischer Erkrankungen.
Mitte Juli habe ich den nächsten Termin bei meiner Psychiaterin und überlege, ob ich ihr dann sage, dass ich im August in die Klinik will, um auf Lithium eingestellt zu werden. Oder ob ich es eben doch nochmal ohne Dauermedikation versuche und eben nur dann, wenn ich Probleme mit dem Schlafen bekomme, das Olanzapin nehme.
Mich würden eure Erfahrungen interessieren, ob ihr auch zunächst Neuroleptika bekommen habt oder ob ihr sofort auf Lithium eingestellt wurdet. Habt ihr euch bewusst dafür oder dagegen entschieden und warum?
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Pronomen: er, Baujahr 80, GdB 50, voll erwerbsgemindert, berufsunfähig
Diagnosen: 03/2009 rezidiv. Depression, 06/2012 schizo-affektive Störung, 08/2016 bipolare Störung, 02/2019 Psoriasis, 03/2019 Psoriasisarthritis, 10/2021 Schlafapnoe, 07/23 VD ME/CFS u.a.
Medis: Valproat 500mg 1-0-2-0, Olanzapin 2,5mg 0-0-0-1, bei Bedarf Perazin 25mg 1-3x/Tag u.a.
Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.