Umgang mit Angehörigen

20. 04. 2004 15:42
Hallo,

es geht um eine bipolare Störung, die bei meiner Schwester diagnostiziert wurde, und die wohl auch unsere Mutter hat, obwohl sie sich nicht in Behandlung begibt.
Ich selbst bin -obwohl ich mich selbst in einigen Symptomen auch wiederfinde - nicht wirklich betroffen, d.h. ich komme im Alltag klar und hab nur einen relativ geringen Leidensdruck.

Mein Problem ist, daß meine Schwester mich häufig anruft und sich in irgeneiner undefinierten Weise Hilfe von mir erwartet. Ich verhalte mich dazu aber irgendwie immer falsch. Harsch und abweisend zu sein, ist die einzige Möglichkeit, mich für eine längere Zeit vor diesen Anrufen zu schützen (häufig genug folgt darauf aber eine Suizidinszenierung, durch die ich dann doch wieder involviert werde). Ich möchte eigentlich nicht so abweisend sein, sondern einen netten, freundlichen Umgang mit ihr haben, aber das funktioniert nicht.

Wenn wir uns mal gut unterhalten haben, dann ist es IMMER so, daß die Anrufe häufiger werden (bis zu 5 mal am Tag)und ich fühle mich dann, als ob ein Vampir an mir saugt. Sie sagt dann selbst, daß sie weiß, daß sie mir auf die Nerven geht, aber ich sei doch gerade so nett zu ihr, das wolle sie eben ausnutzen, solange der Zustand anhält. Daß sie dadurch herausfordert, daß ich wieder abweisend werde, weiß sie irgendwie auch, kann aber das Verhalten nicht abstellen. Sie bringt sich dauernd in Situationen, die dazu führen, daß sie weiter "hilfsbedürftig" bleibt und das bringt mich zur Raserei, weil ich nie genau weiß, ob das jetzt einfach zur Krankheit gehört, oder ob sie auch ein wenig ihre Krankheitsdiagnose ausnutzt, um sich im Leben nie anstrengen zu müssen. Ich glaube, sie kann sich ein Leben jenseits von "versorgt werden" gar nicht mehr vorstellen und hat so große Angst vor der Verantwortlichkeit für sich, daß sie alles, worin sie erfolgreich ist (und was z.B. zu einem einträglichen Beruf führen könnte) sabotiert und kurz vorm Ziel abbricht. Selbst ihre Therapien bricht sie ab, nicht etwa, weil sie nicht erfolgreich wären, sondern gerade dann wenn sie anfangen, erfolgreich zu werden (sofort denkt sie dann, daß sie vollkommen gesund ist). Allmählich merke ich, wie sich immer mehr Haß und Aggression gegen sie in mir ansammeln, und es macht mich hilflos, das zu spüren, weil sich darin auch viel ansammelt, was eigentlich an die Adresse unserer Mutter gehört.

Wir hatten es beide schwer mit unserer Mutter, die ständig zwischen Zuständen von völliger Trance und totaler Reizbarkeit durchs Leben ging. Sich sicher zu orientieren, viel uns schwer. Ich habe mich recht schnell nach außern orientiert und meine Mutter völlig abgeschrieben (schon mit 5 Jahren wäre mir egal gewesen, wenn sie gestorben wäre). Meine Schwester, 2 Jahre jünger, war wohl noch zu klein zu so einer Abwendung, hungerte immer mehr nach Liebesbezeugungen unserer Mutter und forderte damit immer mehr ihre Reizbarkeit heraus. Sie hat nie in letzter Konsequenz verstanden, daß von dieser Seite einfach nichts zu holen ist. Ich hatte furchtbar lange Verständnis für ihr schwierige Lage, aber nun gelingt es mir immer weniger. Man kann doch nicht noch mit 28 Jahren andauernd um verlorene Mutterliebe trauern, oder doch? So viele Menschen leben halbwegs zufireden als Singles und ohne familiären Anhang, wie kann man dann glauben, daß man glücklich wäre, wenn man bloß eine Familie hätte? Vor allem, wie kann man es glauben, wenn man systematisch alle Familienmitglieder, die sich noch um einen kümmern überstrapaziert (sowohl in emotionaler als auch in finanzieller Hinsicht)?

Oft wünsche ich mir, sie einfach nur am Kragen zu packen, sie zu schütteln und damit ein paar grundlegende Lebenswirklichkeiten in ihr zurechtzurücken.

Gibt es denn gar keine Chance, auf einem Weg an sie heranzukommen, der nicht zugleich selbstzerstörerisch für mich ist?
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