Hallo.
Ich bin der Ansicht, dass MD und Sucht viele Parallelen aufweisen. Beide Krankheiten haben mit einem veränderten Stoffwechsel zu tun. Drogensucht ist eine Art künstliche MDK. Viele MDler brauchen sehr lange, bis sie einsehen, dass die Manie eine Art Droge ist, die einem am Anfang scheinbar nur Gutes tut, aber dann böse außer Kontrolle geraten kann und mit einem macht, was sie will.
Ich habe an mir selbst beobachtet, dass ein Schub immer eine Art Flucht vor anderen Problemen darstellt - meine Krankheit steht im Vordergrund vor allem anderen und sie ist immer da, wenn ich sie brauche, wie eine Droge.
Für einen depressiven Menschen kann dieses Statement einen Schlag ins Gesicht bedeuten, wenn man es als Vorwurf versteht und davon ausgeht, dass Drogensucht eine Krankheit ist, die man sich selbst zu verdanken hat und der arme MDler ja nichts dafür kann. Andersrum: Drogensucht sucht man sich auch nicht aus. Und wieviele von uns ersetzen ihre MDK von Zeit zu Zeit mit einem anderen Suchtproblem?
Deshalb möchte ich, obigen Beitrag von Torsten ergänzend, aus einer Broschüre der DHS (Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V.) folgendes hinzufügen. Sicher kann man nicht alles eins zu eins umsetzen, aber vieles passt sehr gut.
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Einem anderen Menschen helfen, ihn trösten, ermutigen, unterstützen ist schwierig. Es erfordert - neben Wissen, gutem Willen und Energie - vor allem Verständnis für die Situation des anderen. Ganz besonders dann, wenn der Mensch, dem man helfen möchte, suchtgefährdet oder süchtig ist, wenn es um die Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten, illegalen Drogen oder Nikotin geht. Auch bestimmte Verhaltensweisen können (scheinbar) unentbehrlich für manche Menschen werden, wie das Spielen an Geldspielautomaten oder die verschiedenen Formen gestörten Essverhaltens [oder eben MD].
Wer sich zum Ziel setzt, einen anderen Menschen tatkräftig von seinem süchtigen Verhalten abzubringen und von seinem Suchtmittel abzubringen und von seinem Suchtmittel fernzuhalten, wird zwangsläufig als Gegnerin bzw. Gegner erlebt. Sie / er will dem anderen das entziehen, was dieser meint, vor allem anderen zum Leben zu brauchen. So wird das Helfen-Wollen zum ständigen Kampf. Auf Bitten, Appelle, Drohungen folgen Kränkungen, Versprechungen und Enttäuschungen.
Andererseits leisten Angehörige oft ihr möglichstes, um die Sucht zu verheimlichen. Sie entschuldigen die Abhängige / den Abhängigen beim Arbeitgeber, bei Bekannten und Verwandten oder begleichen durch das süchtige Verhalten verursachte Schulden. So wird Hilfe zum Feigenblatt. Was in der besten Absicht geschieht, verkehrt sich zum Gegenteil: Es hilft dem Abhängigen, mit der Sucht zu leben, nicht aber, von ihr loszukommen.
Fehlschlagende Hilfe und das Ringen um das Suchtmittel sind - fast immer - kennzeichnend für die Beziehung zwischen Süchtigen und den Menschen, die ihnen helfen möchten. Hilflosigkeit auf beiden Seiten ist oft das Ergebnis. Die Abhängigen sehen sich machtlos ihrem Suchtmittel ausgeliefert. Sie sind unfähig geworden, ihr Leben aktiv zu gestalten. Die Angehörigen sind am Ende ihrer Kraft und verlieren alle Hoffnung.
Soweit muss es nicht kommen. Zwar können die Angehörigen das Verhalten eines süchtigen Menschen nicht unmittelbar beeinflussen, sie können jedoch dazu beitragen, dass er Hilfe annimmt und gesundet.
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Abhängig sein bedeutet vor allem, unfrei sein. Wer abhängig ist, kann Versprechungen und gute Vorsätze nicht einhalten. Enttäuschungen sind daher unausweichlich.
Abhängige verdecken ihren Zustand vor sich und den anderen. Zum einen aus Angst vor dem Entzug, zum anderen um sich einen Rest an (Selbst-) Achtung zu erhalten. Jeder Versuch, einen abhängigen Menschen zur Einsicht zu zwingen und ihm seine Abhängigkeit zu beweisen, z.B. indem man die täglich eingenommenen Medikamente genau auflistet, erlebt er als Angriff gegen seine Person, gegen den er sich mit aller Kraft wehren muss.
Wenn Sie sich diese Zusammenhänge vor Augen führen, können Sie sich ihrer / ihrem abhängigen Angehörigen gegenüber gefasster verhalten. Kränkungen und Enttäuschungen erschüttern sie weniger. Sie können dann eher akzeptieren, dass Sie im Kampf gegen das Suchtmittel immer wieder unterliegen (müssen).
Die typischerweise stattfindenden Auseinandersetzungen sind aber nicht nur nutzlos. Sie schaden darüber hinaus Ihnen und dem Menschen, dem Sie helfen möchten:
- Die ständigen Streitereien zerstören die Vertrauensbasis der Beziehung weiter.
- Sie bieten der / dem Abhängigen Gelegenheit dazu, Rechtfertigungen für das eigene verhalten in den Fehlern der anderen zu suchen und die eigenen, massiven Schuld- und Schamgefühle zu verdrängen. "Angriff ist die beste Verteidigung!"
- Ihre "Angriffe" liefern zudem einen Grund, erneut beim Suchtmittel Trost zu suchen.
- Da Ihre Gedanken ständig um das Verhalten Ihrer /Ihres Angehörigen kreisen, bestimmen ihre / seine Höhen und Tiefen auch Ihr Befinden. Sie schränken Ihr eigenes Leben dadurch massiv ein und werden (mit-)abhängig von der Sucht Ihrer / Ihres Angehörigen.
Abhängige Menschen müssen selbst zur Einsicht in ihre Situation finden. Zur Genesung brauchen sie die Unterstützung von Fachleuten. Alle Versuche, ihr süchtiges Verhalten direkt zu beeinflussen oder ihnen gar einfach das Suchtmittel zu entziehen, werden fruchtlos und immer wieder Anlass zu Auseinandersetzungen sein.
Sie können jedoch versuchen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Ihre Angehörige / Ihr Angehöriger Hilfe annimmt und gesundet. Hierzu müssen Sie den Willen und den Mut finden, den Kampf um das Suchtmittel aufzugeben und einen gänzlich anderen Weg einzuschlagen. Sie müssen die vielfältigen Ängste, die Sie in Ihrer Rolle gefangen halten, überwinden und sich loslösen von den gegenseitigen Beschuldigungen und Debatten. Das bedeutet auch, dass Sie nicht länger Aufgaben und Verantwortung der / des Süchtigen übernehmen und sie oder ihn, die Anforderungen des täglichen Lebens wieder spüren zu lassen.
Denn gerade die laufende Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags trägt dazu bei, dass Süchtige ihre Krankheit leugnen und sich hinter dem Glauben verstecken können, sie kämen ja im Leben noch zurecht, also könne es so schlimm noch nicht sein. Abhängige sind in hohem Maße auf die Anerkennung ihrer Mitmenschen angewiesen. Werden ihre Fehlleistungen sichtbar und droht gar der Verlust der Anerkennung durch ihre soziale Umgebung, leiden sie sehr darunter. Sie sind dadurch gezwungen, ihre Realität wahrzunehmen und die Konsequenzen ihres süchtigen Verhaltens zu ändern.
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Indem Sie sich (wieder) Ihren eigenen Interessen zuwenden und aus dem zermürbenden Kreislauf ausscheren, gerät Bewegung in Ihre erstarrte Beziehung. Die Atmosphäre, in der Sie leben, verändert sich. Auf Dauer wird spürbar werden, dass Sie nun ein zufriedeneres Leben führen. Das kann bei ihr oder ihm die Sehnsucht nach Veränderung verstärken.
In diesem Zusammenhang wird häufig der Begriff "Hilfe durch Nicht-Hilfe" gebraucht. Nicht-Hilfe bedeutet aber nicht Nichts-Tun. Im Gegenteil, dieser neue Weg der Hilfe erfordert von Ihnen Konsequenz und viel Kraft. Er bedeutet für Sie einen Prozess der Veränderung, in dessen Verlauf Sie eine Reihe neuer Einstellungen gewinnen und neue Verhaltensweisen erlernen:
Aufhören zu leugnen
Sie anerkennen die Abhängigkeit Ihrer / Ihres Angehörigen als gegeben und trennen sich endgültig von der Hoffnung, all dies sei nur ein böser Spuk, der wieder verschwinden wird.
Den Krankheitswert der Abhängigkeit erkennen
Sie akzeptieren, dass Ihre Angehörige / Ihr Angehöriger weder willensschwach noch lieblos oder gar bösartig ist. Sie reagieren nicht länger mit Vorwürfen auf die unausweichlichen und sich ständig wiederholenden Enttäuschungen und Vertrauensbrüche.
Die eigene Angst überwinden
Sie bewältigen die Ängste, die auf Sie einstürmen und Sie vor dem neuen Weg der Hilfe zurückschrecken lassen:
"Wenn ich dir nicht mehr helfe, gelte ich als herzlos und hart!"
"Alles wird noch viel schlimmer werden! Er wird völlig abgleiten."
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"Er wird seinen Arbeitsplatz verlieren."
"Alle werden merken, wie es um meine Frau steht, und über uns reden."
Und so weiter und so fort!
Aufhören zu helfen
Sie kümmern sich nicht länger um Dinge, die nicht ihre Aufgabe sind und versuchen nicht länger, die Krankheit und ihre Folgen zu verheimlichen. Gerade dieser Schritt fällt vielen sehr schwer und verlangt angesichts der Angst vor der Reaktion von Verwandten, Freunden und Nachbarn viel Mut.
Schuldgefühle überwinden
Angehörige von Süchtigen quälen sich häufig mit Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen. Ganz besonders gilt das für die Eltern drogenabhängiger Kinder.
Vielleicht haben Sie in der Vergangenheit Fehler gemacht, vielleicht auch nicht. Wichtig ist, dass Sie jetzt lähmende Schuldgefühle überwinden und Ihr Verhalten auf eine neue Chance für sich und die Süchtige /den Süchtigen ausrichten.
Verantwortung für das eigene Leben übernehmen
Sie haben sich - vielleicht jahrelang - ausschließlich auf Ihre Angehörige / Ihren Angehörigen und ihre / seine Angelegenheiten konzentriert. Dabei haben Sie die Entfaltung Ihrer eigenen Interessen vernachlässigt. In dem Bemühen, ihr / ihm zu helfen, sind Sie selbst hilflos geworden. Oft haben Sie (im Stillen) den anderen für die Freudlosigkeit Ihres Lebens verantwortlich gemacht. Jetzt erkennen Sie, dass diese Haltung zu nichts führt. Sie beginnen Ihr Leben wieder selbst zu gestalten, um es erfüllter werden zu lassen.
Ich bin nicht Du, Du bist nicht ich
Indem Sie (wieder) die Verantwortung für Ihr eigenes Leben übernehmen, können Sie auch Ihrer Angehörigen / Ihrem Angehörigen die Verantwortung für das eigene Leben zurückgeben. Nicht länger sehen Sie in ihr / ihm einen Teil von sich selbst, für dessen Handlungen Sie wie für eigene verantwortlich sind.
Konsequent bleiben
Dinge, die Sie ankündigen, führen Sie auch durch und Dinge, die Sie nicht durchführen können oder wollen, drohen Sie auch nicht mehr an. Sie machen deutlich, dass das, was Sie sagen, ernst zu nehmen ist.
Alle Verhaltensänderungen ihrer Angehörigen verunsichern Abhängige zutiefst. Sehr häufig werden Sie deshalb versuchen, sie wieder in das alte Verhalten zurückzudrängen, indem Sie besondere Schwierigkeiten produzieren und mit Trennung oder gar Selbstmord drohen. Möglich auch, dass sie mit neuen Versprechungen ihre Angehörigen wieder auf die alte Rolle einzustimmen versuchen.
Vergegenwärtigen Sie sich alle Schwierigkeiten und denken Sie daran, wie oft Sie entgegen Ihren Vorsätzen in Ihr gewohntes Verhalten zurückgefallen sind, wird Ihnen deutlich werden, wie schwer das ist: Aufhören zu helfen. Doch bis heute ist "Hilfe durch Nicht-Hilfe" die einzige erfolgversprechende Verhaltensalternative für die Angehörigen von Süchtigen geblieben.
Die Hoffnung auf rasche Erfolge wird sich allerdings nur selten erfüllen. Dennoch brauchen und sollten Sie die Hoffnung nicht aufgeben und den einmal beschrittenen Weg konsequent weitergehen. Psychische Veränderungen brauchen vor allem Zeit. Und schließlich bietet dieser Weg nicht nur eine Chance für den Menschen, dem Sie gerne helfen möchten, sondern auch für sich selbst.
Im Laufe des beschriebenen Prozesses lernen Sie auch sich selbst besser kennen. Haben Sie noch Kraft und Liebe genug, Ihrer Angehörigen / Ihrem Angehörigen die Zeit zu lassen, die sie / er braucht, um den Willen zur Genesung zu finden? Sind Sie noch bereit, wieder ein gemeinsames Leben aufzubauen? Oder sind Sie nur aus Angst vor der Trennung oder aus Pflichtgefühl bei ihr / ihm geblieben? Dann werden Sie am Ende des Prozesses in der Lage sein, die lange beabsichtigte Trennung zu vollziehen. Und damit tragen Sie unter Umständen mehr zur Einsicht und Genesung der / des Süchtigen bei als mit Ihrem Verharren in einer aussichtslosen Beziehung.
[Es folgt noch der Rat, selbst Hilfe anzunehmen, da es schwierig ist, den Weg der Verhaltensänderung alleine zu gehen.]
Die besten Wünsche
Her Majesty
Sumosimi
[Editiert, falsch formatierte Zeichen ersetzt.]
Taat du nee borom djogol, so djoge mu topola.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.09 17:15.