Seltsamer Gedankengang:
"Auch ich stehe der Etikettierung in Form von Diagnosen bei psychischen Erkrankungen sehr skeptisch gegenüber:
Erstens weil es nicht die "EINE bipolare Störung" gibt (d.h. auch die bipolare Störung hat so viele Facetten wie es "Patienten" gibt) und zweitens kann es zu der sogenannten "Übernahme der Etikettierung" kommen (d.h. man verhält sich entsprechend der Diagnose und im schlimmsten Fall "beugt" man sich dann seinen Symptomen). [=> Siehe auch "labeling approach" [de.wikipedia.org]]
Aber JEDER von uns hat die Möglichkeit so vieles zu seinem Positiven zu verändern. Das Schlimmste an der Krankheit ist, wenn man sich selbst als "krank" etikettiert und sich dann den Rest seines Lebens damit abfindet. Und dieses "Phänomen" habe ich leider auch in meinem realen Umfeld schon zu oft beobachtet. Das Resultat ist katastrophal: Im Prinzip kommt es zu einer Abwärts-Spirale hinsichtlich einer Häufung von Klinik-Aufenthalten (Stichwort: Drehtürpatient) und nahezu keiner Lebensqualtität mehr...(etc.,etc.)."
Da stutze ich doch merklich. Ich kann nur von meinem eigenen Beispiel ausgehen, und da geht Deine Logik gar nicht auf: erstmal hat es lange gedauert, bis ich diese Diagnose bekam und dann nochmal viele Jahre, bis ich sie akzeptieren und für richtig erachten konnte. Das ist beileibe nicht der einfachere Weg und es bedeutet schon gar nicht, dass man sich dann automatisch "den Symptomen beugt".
Aber erst mit der Akzeptanz der Diagnose und nicht zuletzt durch dieses Forum habe ich mich intensiv mit der Krankheit auseinandergesetzt, was übrigens keinesfalls bedeutete, dass ich somit zum Drehtürpatienten geworden wäre oder eine Unzahl an Psychopharmaka in mich reinstopfen würde: mein letzter Klinikaufenthalt war 1993 und ich nehme gerade mal 25 mg Seroquel zum Erhalt meines Schlafrhythmus' - dies seit ca. einem Jahr, davor komplett ohne Medis. Diese kleine "Krücke" kann ich gut akzeptieren, zumal es völlig ohne Nebenwirkungen abgeht.
Was wäre die Alternative? Zu sagen, "es gibt keine psychischen Krankheiten" - also habe ich auch keine? Das wäre mir nun wirklich zu billig. Es geht in erster Linie um Psychoedukation, also um nichts anderes, als möglichst viele Fakten über die Erkrankung kennenzulernen und ihr somit im besten Sinne des Wortes zu "begegnen". Das ist aber alles andere als ein Nachgeben, sondern erstmal richtig Arbeit.
Was spricht dagegen?