Hallo Ihr,
ich bin neu in diesem Forum.
Vor einigen Wochen wurde ich von einem neuen Psychiater erstmals mit der Verdachtsdiagnose Bipolar II konfrontiert, nachdem ich zuvor mehr als 20 Jahre lang mit den Diagnosen "rezidivierende unipolare Depression" und "Dysthymie" unterwegs war. Diese neue Diagnose hat mein gefestigtes Selbstbild ganz schön ins Wanken gebracht.
Also habe ich mich erst mal ein bisschen fundiert über bipolare Störungen informiert. Ich bin nach wie vor im Zweifel, ob der neue Psychiater mit seiner neuen Diagnose wirklich richtig liegt. Auch nach ernsthafter Suche in meiner Lebensgeschichte bin ich mir nicht sicher, ob ich wirklich jemals eine hypomanische Phase hatte.
Einige Aspekte sprechen dafür, dass ich tatsächlich unter einer Bipolar-II-Störung leiden könnte:
- das frühe Auftreten der ersten Depression mit Anfang/Mitte 20
- die jahreszeitlichen Schwankungen mit regelmäßigen depressiven Phasen im Winter
- die atypische Depression mit Energieverlust, vermehrtem Schlafbedürfnis und gesteigertem Appetit
- das stark schwankende Redebedürfnis
- die Phasen von gereizter Stimmung, die unter anderem während der kurzzeitigen Einnahme des Antidepressivums Bupropion auftraten
- Wenn auch eine nur leicht gehobene Stimmung für nur wenige Tage eine Hypomanie sein kann, dann könnte ich die Hypomanie schlicht übersehen haben.
- In meiner Jugend gab es sicherlich auch Zeiten, in denen ich bei hoher Leistungsfähigkeit wenig geschlafen habe.
Vertraute Menschen, die mich gut kennen und die als Depressions-Betroffene ebenfalls im Bereich von Psychiatrie und Psychotherapie unterwegs sind, haben mir rückgemeldet, dass sie mich noch nie als hypomanisch wahrgenommen hätten. Generell kann ich auch im Bereich der Depression kaum klar abgegrenzte Phasen wahrnehmen, da sich meine Stimmung stets nur schleichend verschlechtert oder verbessert.
Nun habe ich beschlossen, trotz aller Unsicherheit dem neu verordneten Medikament Lamotrigin eine echte Chance zu geben. Das Antidepressivum Sertralin, das ich derzeit nur noch in einer niedrigen Erhaltungsdosis von 50 mg pro Tag einnehme, nehme ich vorerst weiter.
Das langsame Einschleichen des Lamotrigins in 25 mg-Schritten gestaltet sich abenteuerlich. Von den verschiedenen Antidepressiva her, die ich im Laufe der Jahre eingenommen hatte, bin ich es gewöhnt, kaum Nebenwirkungen zu haben. Von Lamotrigin habe ich nun Hautausschläge, Halsentzündungen und Durchfälle bekommen, die nach jeder Dosis-Erhöhung auftreten, anschließend aber auch wieder nachlassen. Leider hatte ich schon immer eine sehr empfindliche Haut.
Hinzu kommt, dass sich Lamotrigin und die Antibabypille, die ich auch aufgrund einer hormonellen Störung einnehme, sich gegenseitig in der Wirkung abschwächen, was dazu führt, dass die Nebenwirkungen des Lamotrigin sich während der regelmäßigen Einnahmepausen der Pille verstärken. Meine Überlegung war daher, die Pille künftig eventuell durchgängig ohne Einnahmepausen zu nehmen.
Ob das Lamotrigin wirkt, kann ich noch nicht sagen, da ich immer noch am Aufdosieren bin. Die im Arztgespräch dargelegten Alternativen, Quetiapin und Lithium, sind vom Nebenwirkungsprofil her ja eher noch ungünstiger.
So viel erst mal von mir. Ich hoffe, der Text ist nicht zu lang.
Ich freue mich auf den Austausch mit Euch.
Viele Grüße
Kroki