Liebe Mitleser,
Beim "Wandern" durch diese Forum fällt mir auf, dass das Thema (Hypo-)Manie und Kreativität hier gerne kontrovers diskutiert wird.
Mich überrascht der Standpunkt, dass kreatives Schaffen die Folge oder Begleiterscheinung eines manischen Zustands sein soll und die entsprechende Medikation diese Kreativität blockiert oder verhindert.
Nur weil Schubert, Hemingway, van Gogh oder von mir aus Cobain etc. zweifellos tolle bipolare Künstler waren, adelt das doch nicht automatisch jeden bipolar Erkrankten.
Und ich sage bewusst erkrankt.
Zumal die Genannten ain meinen Augen auch kein besonders erfreuliches Leben und/oder Ende hatten.
Kreativität wird meiner Meinung nach durch sorgfältige Medikation auch nicht gebremst, sondern eher in umsetzbare Bahnen gelenkt.
Gottseidank habe ich durch meine jetzige Depression die Erinnerung an die
Gefühle während meiner (ego-)manischen Episoden weitgehend verloren.
Nicht aber die Erkenntnis der Folgen.
Und auch nicht die Beklemmung, wenn ich (hypo-)manisches Selbstverständnis bei anderen beobachte.
Bis das Lamotrigin wirkt und meine Schilderungen der Depression literarisch mehr hergeben,wehre ich mich gegen die Behauptung, stabilisierende Medikamente würden mich der Kreativität oder gar der Sinnhaftigkeit meines Daseins berauben.
Ich habe genug Manien durchlebt, ich brauche keine weitere mehr, um daraus zu lernen.
Ich finde es menschlich nachvollziehbar und auch wichtig, den Sinn jeder Erkrankung oder gesellschaftlichen Entwicklung zu hinterfragen und bin bestimmt kein Freund der Pharma-Industrie.
Trotzdem freue ich mich, dass es Medikamente gibt, die mir manches erträglicher machen.
Manche bekämpfen sogar eine Pandemie.
Ich habe nur einfach zu lange unter meinen wiederkehrenden manischen Episoden gelitten, als dass ich sie beschönigen oder herbeisehnen könnte.
Nur weil ich mich bewährten Medikamenten anvertraue, bin ich deshalb kein willfähriger Sklave der Pharma-Medizin, der unreflekiert alles schluckt, was man mir anbietet.
Wenn mir meine bipolare Erkrankung also vom Schicksal geschenkt wurde, damit ich meinen Lebensplan überarbeite, heisst das im Umkehrschluß, dass ich meiner Bestimmung feige aus dem Weg gehe, wenn ich Medikamente einnehme?
Ich drücke mich also vor der Sinnhaftigkeit meiner äääähm Störung?
Bei den Büchern und Thesen von Herrn Dahlke bekomme ich übrigens Aggressionsschübe; zumal er ja auch Krebserkrankungen entsprechend hinterfragt.