Manie hat auch viel gutes

Bettina
12. 06. 2001 15:03
Hallo Euch Allen!

Mein Name ist Bettina und bin 28 Jahre.

Ich habe mir alle Einträge in Ruhe durchgelesen und möchte nun viel <lächel> dazu erzählen.

Beim Lesen der Einträge musste ich feststellen das fast jeder in irgendeiner Form, egal welcher medikamentösen Einnahme er nachgeht, Probleme hat. Mal ehrlich, Probleme haben wir doch schon so, warum also sich und den Körper noch mehr belasten. Die Pharmaindustrie belächelt uns und freut sich über den Umsatz. Leider ist es so, da braucht sich keiner etwas vorzumachen.
Es ist nicht gut sein Leben in die Hände von Medikamenten zu legen, und zu hoffen das sie einem wieder glücklich machen mögen. Oft reicht schon die Einbildung die einem wieder hochbringt und nur in seltenen Fällen hilft wirklich das Medikament was aus Euren Einträgen sehr gut herauszulesen ist.

Fazit ist: Medikamente nein Danke!!! Nachgeben ist leicht, dagegen ankämpfen manchmal fast unmöglich. Zumindest scheint es so. Doch jeder Sieg aus der Kriese ist ein Triumph. Das größte Problem dieser Krankheit ist, das kein außenstehender sie begreift, wir begreifen sie ja selbst nicht. Die fehlende Akzeptanz führt zur Angst vor dem Alleinsein.

Wir sollten versuchen die Ursachen(und jede Krankheit hat seine Ursachen) für unser Problem herauszufinden und an deren Beseitigung/Auflösung arbeiten, auch wenn das der wesentlich unbequemere und oft unangenehmere Weg ist. Aber nur so werden wir innerlich wieder ausgeglichener werden. Man kann wieder zufriedener in sich hineinschauen. Niemand ist perfekt und der Außenstehende weis oft nicht, warum man in bestimmten Situationen so unterschiedlich reagiert, und kann folglich auch nicht damit umgehen. Genauso wenig können wir erwarten, dass die Außenwelt unser Leid mitbekommt, ohne dass wir ihr einen entscheidenden Hinweis geben.

Mich interessiert vor allen Dingen welchen Hobbys Ihr so nachgeht außer Euch mit der Krankheit zu beschäftigen. Was macht Ihr alles so neben dem normalen Job?

Der letzte Eintrag findet großen Anklang bei mir. Dem Sport und noch besser der asiatischen Lebensweise nachzugehen messe ich sehr großen Wert bei.

Ich möchte Euch nun meine verrückte Lebensweise schildern und wie ich mit den m-d Phasen die bei mir kurioser weise manchmal täglich wechseln, umgehe.

Ich studiere Informatik, Vertiefungsrichtung Medieninformatik und bin gerade im Diplomsemester.
Wie oft hatte ich die Nase voll und fand alles sch.... Depressionen krochen hoch, und ließen mich total lethargisch durch die Gegend wandern, nichts bekam ich dann auf die Reihe und Selbstzweifel zerfraßen mich. Ich sah mich dann immer als Versager, und wollte keinen mehr sehen.

Doch meine Kumpels reagierten sehr schnell, wenn sie mich eine Weile nicht sahen. Gerade dann kam meistens jemand zu mir rüber(sie wissen von meinen Zuständen, da ich den Mut aufbrachte es ihnen zu sagen) und neue zu durchdenkende Aufgaben standen an, und schon war ich wieder voll da. Sie gingen gar nicht auf meine Depression ein, sondern forderten etwas von mir ab. Man erwartete meine Hilfe, man brauchte mich, und das ist immer wieder ein tolles und sehr wichtiges Gefühl. Sie machten es mit Absicht, da demjenigen überhaupt nicht geholfen ist, wenn er in einer depressiven Phase bemuddelt oder bemitleidet wird. Das verstärkt die Symptome nur noch mehr, und der Weg zum Messer, Tabletten oder der totalen Aufgabe ist dann nur sehr kurz.

Himmelhoch jauchzend zu Tode tiefst betrübt. Jeder kennt es zu genüge.

Ich interessiere mich sehr für die Lehren des Ninjutsu und versuche danach zu leben. Mein großes Vorbild ist Musashi, der größte Schwertkämpfer aller Zeiten. Ich bin begeisterter Kampfsportfan und Wrestlingucker.

Von der asiatischen Lebensweise fasziniert, habe ich zwei Semester Japanisch als zweite Fremdsprache an der FH gelernt.

Ich arbeite gerade mein Konzept(Firmengründung) aus, besuche Lenkungsrunden, Gemeinwesenkonferenzen, bin als Organisator für das nächste Bürgerfest eingeteilt worden, arbeite als freiberufliche Dozentin im Bereich IT und neue Medien und mache nebenher noch einen Lehrgang für Existenzgründung über Fernstudium.

Zweimal die Woche fahre ich zum Kampfsport(jetzt wieder - war ein halbes Jahr nicht) einmal die Woche gehe ich zum Schießtraining und am Wochenende zum Tanzkurs. Weitere Hobbys von mir sind Aggressiv Skaten(in der Halfepipe), Inliner fahren...

Im November vorigen Jahres habe ich mit dem Malen angefangen und hatte am 05.06.01 meine erste Vernissage mit meiner Freundin zusammen in der FH eröffnet.
Ihr seht ich laste mich genügend aus, damit mir nicht viel Zeit zum grübeln bleibt, aber Vorsicht vor Übertreibungen. Es muß alles im Bereich des normalen zu schaffen sein.

Ich habe drei süße Mongolische Wüstenrennmäuse, die ich jeden Tag knuddl und im Flur rumäppeln lasse und einen überaus verständnisvollen Partner/Freund.

Ich habe versucht mir anzueignen, wenn ich merke, dass ich in eine depressive Phase abrutsche, aggressiv zu werden, und diese Aggression auszuleben. Dabei hilft mir mein Freund. So furchtbar sich das jetzt anhören mag, es ist ein Heilmittel für mich.

Wenn ich die ersten depressiven Anzeichen habe, fangen wir uns an zu hauen, aber nicht nur einfach so sondern wir hauen so richtig hart zu. Erst wenn ich stärkere Schmerzen habe, höre ich auf. Das weis mein Freund und langt auch ordentlich zu. Das ist wie ein reinigendes Gewitter. Danach geht es mir meistens wieder viel besser und oft bin ich dadurch der depressiven Phase entgangen. Die blauen Flecke schmerzen dann ein paar Tage, und durch die Schmerzen werde ich vom eigentlichen Problem abgelenkt. Gemerkt hatte es mein Freund, als ich mal mit blutigen Händen nach einem Gespräch von draußen kam. Er war sehr erschrocken, da er erstens nicht gemerkt hatte, dass ich die Wohnung verlassen hatte, und dann auch noch mit blutigen Knöcheln heim kam. Ich hatte so eine Wut in mir und hatte schon Atemprobleme, so dass ich mir keinen anderen Rat wusste, als gegen eine Betonwand zu hauen. Als mir dann die Hände weh taten hielt ich inne, und mir ging es wieder besser. Klar es ist keine sonderlich tolle Lösung aber immer noch besser als Medikamente zu schlucken, und Langzeitschäden davon zu tragen.

Wenn das alles nichts hilft und ich doch in diese Phase abgleite, dann lass ich mich fallen, denn meistens ist dann die Batterie auch leer, und somit die Change wieder aufzuladen.

Das wichtigste für mich ist, immer ein Ziel vor Augen zu haben und anerkannt zu werden. Es ist dabei sehr wichtig ein Ziel realistisch und kritisch zu beleuchten. Ich bin ein totaler Perfektionist. Geprägt wurde es in meiner Kindheit durch das Verhalten meiner Oma mir gegenüber. Ich war nie gut genug, und sie war der Meinung, dass aus mir nichts werden würde, da ich keine Ausdauer besäße usw. Daher kam auch der Wunsch zum Studium. Ich wollte es Ihr beweisen. Aber wir sollten nur uns selbst und nicht jemand anderem etwas beweisen. Jetzt ist sie unheimlich stolz auf mich was ich alles geschafft habe und meine jahrelang gehegte Wut auf meine Oma ist verraucht(Selbstheilung)

Die manischen Phasen in die richtigen Bahnen gelenkt, können Wunder bewirken. Ich kann dann die Leute so richtig mitreißen und das macht mir Spaß. Wenn ich merke das ich überdrehe, meist wird mir dann auch ganz komisch, dass heißt mir wird ganz schwindelig, versuch ich etwas zurückzuschrauben, und meistens gelingt mir das auch. In manischen Phasen gehe ich z.B. auch nicht einkaufen, da der Hang zum Kaufrausch besteht. Ich gehe einkaufen wenn ich depressiv bin, dann kann ich mich etwas freuen. Holz hacken ist z.B. auch eine super Auslastung wenn man manisch ist. Bei Depression besteht die Gefahr sich zu verletzen da einem alles egal ist.

Wenn ich so zurückblicke, ist es wohl auch schon eine lange Zeit, das ich m-d bin. Das fing mit ca. 13 Jahren an. In dieser Zeit war ich fast nur Aggressiv / Depressiv drauf. Habe oft an Selbstmord gedacht, und war ein Einzelgänger, ständig in schwarz gekleidet und immer auf dem Sprung, dass mich jemand angreift.

Die manischen Phasen kamen erst mit 20 und wechselten dann in verschieden großen Abständen.

Ich habe viel Angst vor Ablehnung und bin harmoniesüchtig, oft habe ich Alpträume und kann sehr schlecht einschlafen. Fast alles Neues muß ausprobiert werden. Und die ständige Unruhe ist in mir. Die Angst im Leben etwas zu verpassen lähmt mich oft. Und dennoch bin ich stolz alles ohne Medikamente auf die Reihe zu bekommen, und hoffe das es immer so bleibt.

Was haltet Ihr davon, wenn wir mal ein Treffen organisieren und ein richtig tolles Fest veranstalten.
Dann lernen wir verrückten Typen uns mal kennen. Ist bestimmt eine total interessante Erfahrung.

Was ich mit all meinen Zeilen zum Ausdruck bringen möchte ist: das jeder von uns, so er die Kraft seiner zwei Seiten richtig einzusetzen versteht, viel gutes bewirken kann, und andere an seiner Manie teilhaben lässt und jedem etwas abgibt, da er davon eh zuviel hat.

Wir sollten uns daher nicht als kranke sondern als kleine Wunder sehen. Nicht jeder hat so eine geballte Energie ins sich wie wir ;o) Das Leben besteht doch nur aus Energie und wir sind die Spender für diejenigen mit weniger(auch für uns selbst wenn wir in der Depression verharren und uns wieder hinauskatapultieren) und können durch unsere starke Ausstrahlung auch oft ein dumpfes Grollen in einen farbigen Klang verwandeln.

Ist das nicht etwas Besonderes?

In diesem Sinne
Bettina ? eine von Euch
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Manie hat auch viel gutes

Bettina 1239 12. 06. 2001 15:03

Re: Manie hat auch viel gutes

Rainer 330 16. 06. 2001 18:10

Re: Manie hat auch viel gutes

Bettina 334 17. 06. 2001 19:03

Re: Manie hat auch viel gutes

Anna-Maria Deantoni 337 16. 06. 2001 20:14

Re: Manie hat auch viel gutes

Bettina 452 17. 06. 2001 18:52

Re: Manie hat auch viel gutes

Albert Keim 326 17. 06. 2001 21:09

Re: Manie hat auch viel gutes

Bettina 247 18. 06. 2001 21:25

Re: Manie hat auch viel gutes

Rafaela 303 17. 06. 2001 21:09

Re: Manie hat auch viel gutes

Bettina 277 18. 06. 2001 21:34

Re: Manie hat auch viel gutes

Johanna 360 18. 06. 2001 08:10

Re: Manie hat auch viel gutes

Bettina 330 18. 06. 2001 21:51

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Johanna 284 19. 06. 2001 03:56

Re: Manie hat auch viel gutes

Johanna 305 19. 06. 2001 04:21

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Julian Herrmann 500 20. 06. 2001 04:09

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Wolfgang Baitz 345 20. 06. 2001 08:02

Re: Manie hat auch viel gutes

Albert Keim 285 20. 06. 2001 14:06

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Bettina 424 20. 06. 2001 21:56

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Bettina 391 20. 06. 2001 22:11

Re: Manie hat auch viel gutes

Steffen 254 30. 07. 2001 01:41

Re: Manie hat auch viel gutes

Bettina 327 31. 07. 2001 21:25

Re: Manie hat auch viel gutes

Riza 314 18. 10. 2002 18:13

Re: Manie hat auch viel gutes

Balluu1 251 18. 10. 2002 19:27

Re: Manie hat auch viel gutes

Patrick 293 19. 10. 2002 00:36



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