Liebe Leute,
"wieso, weshalb, warum - wer nicht fragt, bleibt dumm" (stammt das eigentlich aus dem "Rappelkiste"- oder aus dem "Sesamstraße"-Song?!).
Also frage ich: Wie steht ihr, sei es als direkt Betroffene, sei es als Angehörige, zur Frage der Ursachen von Depressionen bzw. der MDE? Mögliche "fachliche" Antworten auf diese Frage bewegen sich - ihr werdet das kennen - ja grob in folgendem Spektrum: Einige meinen, die Chose sei nur eine Sache der Hirnchemie - genetisch prädisponierte Stoffwechselentgleisung. Der andere Pol wird durch die Auffassung markiert, seelische Traumata seien die Wurzel des Übels. Dazwischen tummeln sich, wie üblich, wenn man wissenschaftlich einstweilen nicht recht weiter weiß, diverse Integrationsversuche ("further research is needed").
Beim Durchblättern des Archivs hat mich ein wenig gewundert, daß der angedeutete Fragenkomplex hier im Forum so wenig behandelt wird. Ich bin auf keine ausführlicheren, der Ursachenproblematik speziell gewidmeten Beiträge gestoßen. Die Frage klingt zwar immer mal wieder an oder schwingt mit, aber immer nur in kurzen Andeutungen, meist in Zusammenhang mit der Frage "Medikamente oder lieber nicht" (korrigiert mich, wenn ich das falsch sehe, also einschlägige Beiträge übersehen habe).
Der Zusammenhang zwischen beiden Fragen ist ja auch naheliegend: Wer Depressionen/MDE für eine Stoffwechselstörung hält, wird sich viel von Medikamenten versprechen. Oder andersrum: Wer die Erfahrung gemacht, daß Medikamente ihm/ihr helfen, wird der These der primär biologischen Verursachung seiner Leiden einiges abgewinnen können. Wer dagegen schlechte Erfahrungen mit Medikamenten hat ("wirkungslos bis auf unerwünschte Nebenwirkungen"), wird eher psychische, in der Lebensgeschichte zu suchende Ursachen des Elends für wahrscheinlich halten. Oder wieder andersrum: Wer eher an die Psychogenese des Elends glaubt, dem fehlt vielleicht jenes letzte Quentchen an Vertrauen in die Pharmakotherapie, das jede ansonsten möglicherweise noch so kausale Therapie eben auch braucht.
Wie auch immer ... Ich denke, daß die Beschäftigung mit den Ursachen der Erkrankung nicht nur unter dem Gesichtspunkt der geeignetsten Therapie wichtig ist. Mir ist sie auch wichtig im Umgang mit den Menschen, die mich umgeben. Wie gehe ich mit dem Freund um, der, erschreckt über das, was passiert ist, nur noch den hilflosen Tip hat, die Medikamente nach Verordnung zunehmen (was ich ohnehin tue, weshalb der gut gemeinte Rat verschossen ist)? Wie gehe ich mit einer Ex-Liebe um, die mir sagt: also wenn schon, dann Familienaufstellung (davon halte ich nix: Esoterik)?
Kurzum: Ich kämpfe um meine ganz persönliche Geschichte in der Ergründung und dann auch lebbaren Darstellung des bislang für mich kaum Mitteilbaren.
Ich würde mich freuen, daran mit euch stricken zu können. An der Debatte um die Ursachen, meine ich ...
Ziemlich im Unreinen
Charly