A D V E N T

05. 12. 2024 07:13
Nachstehend eine Engelsgeschichte.

In Anbetracht der weltweit schwierigen Lage, habe ich eine ausgesucht,
von Engeln, die erden


"Was glaubst du, wo er hin ist?"
Ich gebe einen unbestimmten Laut von mir. Meine Stimme gehorcht mir nicht.
Ich räuspere mich und frage: "Im Himmel?" Es klingt fast flehend.

Du guckst in die Wolken angestrengt, bis Dir der Nacken weh tut.
"Wo soll das sein? Fliegen Schwalben da oben, kreisen Monde da oben.
Schwebt er dazwischen?"

"Nee. Das wohl nicht." Ich setze mich ins Gras, weil ich noch nicht zurück will.
Obwohl es hier nichts mehr zu sehen gibt. Wie auf dem Friedhof. Wenn man nach der Beerdigung
ins Grab schaut, obwohl man weiß: Da passiert nichts. Aber wo will man sonst hingucken?
So fühlt sich das grade an. Nur dass das hier keine Beerdigung ist. Eher eine Behimmelung. Gibt es das Wort?

Zuhause wartet der Abwasch. Die Mailbox speichert eine Nachricht. Es liegt noch Arbeit auf dem Schreibtisch,
ausserdem sollte ich die Blumen gießen. Ich habe sie vernachläßigt in den letzten Tagen.

An solche Sachen denke ich, während wir schweigen.
Es ist kein gutes Schweigen, eher ein bedrücktes.
Ich seufze. So kommen wir auch nicht weiter.

"Glaubst Du wirklich, es gibt einen Himmel?", fragst du und stützt dich auf.
Ich höre wie du zweifelst, aber den Strohhalm nicht wegwerfen willst.
Ich will an einen Himmel glauben, denke ich.

So wie ich auch an Gott glauben will, weil die Zwischenräume sonst so unendlich leer wären. Obwohl die Beweislage dünn ist. Das kann man nicht leugnen. Niemand konnte bisher seine Existenz belegen. Dabei haben es viele kluge Leute versucht.
Gott schwieg auch dazu beharrlich. Das ärgert mich. Wenn ich länger darüber nachdenke, grolle ich Gott, von dem ich nicht weiß, ob ich an ihn glaube. Dass er nicht stärker um mich wirbt. Dass er nicht eindeutiger ist. Ihm scheint nicht so viel daran
zu liegen, dass die Menschen von ihm überzeugt sind. Das kränkt mich irgendwie. Wobei es natürlich schizophren ist,
sich von jemandem gekränkt zu fühlen, den es möglicherweise gar nicht gibt. Ich seufze schon wieder.

Jedenfalls ist es beruhigend, in die Wolken zu schauen.
"Wenn es einen Himmel gäbe", sagst du, "warum ist er dann so weit weg?"
Du hast dich auf den Rücken gedreht und ich tue es dir nach, und wir genießen das eine Weile,
bis uns schwindelig ist vom Ziehen der Wolken, die sich immer neu ineinanderschieben.
Eine ständige Bewegung, nichts bleibt da, wo es ist. Den Himmel stelle ich mir eigentlich anders vor. Ruhiger.
Ein Ort, an dem für immer alles gut ist. Wo man ohne Angst alles tun kann, aber nichts tun muss. Wo es überhaupt kein Müssen mehr gibt. Wo man nicht mehr traurig ist, wo nichts wehtut. Die bessere Erde.

Fortsetzung folgt ...

aus "Fliegen lernen" von Susanne Niemeyer
(wiedergegeben mit dem Einverständnis der Autorin)
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

A D V E N T

Deborah 560 05. 12. 2024 07:13

Re: A D V E N T

Foreigner2024 98 05. 12. 2024 12:18

Teil 2 der Engelsgeschichte ...

Deborah 116 05. 12. 2024 17:22

A D V E N T

Deborah 91 08. 12. 2024 00:21

Re: A D V E N T

Leuchtturm1 87 08. 12. 2024 08:14

@ Leuchtturm

Deborah 96 08. 12. 2024 09:31

Re: A D V E N T

soulvision 95 12. 12. 2024 09:58

Re: A D V E N T

Frech 67 12. 12. 2024 20:30

A D V E N T

Deborah 84 13. 12. 2024 07:04

3. A D V E N T

Deborah 60 15. 12. 2024 03:55

Teil 2 "Der Engel, der befreit"

Deborah 76 15. 12. 2024 05:47

3. Advent

Deborah 62 15. 12. 2024 08:58

Re: Teil 2 "Der Engel, der befreit"

Leuchtturm1 67 15. 12. 2024 18:01

4. A D V E N T

Deborah 57 22. 12. 2024 05:10

Fortsetzung ... "Der Engel, der das Licht anzündet"

Deborah 56 22. 12. 2024 06:20

Re: Fortsetzung ... "Der Engel, der das Licht anzündet"

Leuchtturm1 111 22. 12. 2024 12:17



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