Ich halte den Satz über die Mutter "der einzige Weg den sie gehen konnte" für falsch, auch wenn es im individuellen Einzelfall so aussehen mag: Denn damit kann man quasi jede Sucht und Abhängigkeit, aber selbst ohne die Sucht jeden Konsum, rechtfertigen.
Ich etwa bin klar eine Persönlichkeit die zum Missbrauch von Substanzen neigt, aber ich kann nicht sagen "Es ist halt so, ich habe keinen anderen Weg". Denn, den habe ich schon, wie es heutzutage jeder hat mit der Behandlung, mit Substitution und Therapie, mit Entzug und so weiter. Ich kann da nur für mich sprechen: Es war und es bin ich selbst, der es verbockt hat.
Das gilt auch für die Sachen wie den Verkäufer von Alkohol, also den Supermarkt, oder aber den Dealer von illegalen Substanzen: Mich hat nie jemand dazu gezwungen, es war ich, der dumm und naiv genug war, diese Sachen zu besorgen und zu konsumieren.
Schwierigkeiten im Leben, darunter auch die Bipolare Störung, erhöhen natürlich diese Gefahr, das man etwas sucht um eine Auszeit zu bekommen von den Problemen des Lebens.
Zu Mutzkes Mutter, ich nehme an die ist ein eher älterer Jahrgang gewesen, die ganze Politik, aber auch Gesellschaft hat sich stark geändert im Bezug auf Alkohol. Wenn du dir alte Talkshows der 70er ansiehst, da standen Bierflaschen neben dem Aschenbecher auf dem Tisch, jeder war am Trinken und Rauchen im Fernsehen. Heute wäre sowas undenkbar.
Der Umgang damit hat sich verändert, ebenso das Stigma, aber auch die Behandlungsmethoden usw.
Was den Alkohol besonders macht, ist die hohe Giftigkeit, im Vergleich mit anderen Sachen. Obwohl man den Alkohol im Laden kaufen kann, die Wirkung auf den Körper wie die Organe sind schwerwiegend, sie übertreffen selbst die harten Drogen wie Opioide bei weitem.
Dennoch gibt es die Nachfrage nach Alkohol durch die Gesellschaft: Wenn man diese unterdrückt durch Prohibition, fangen die Menschen an, die Gesetze zu umgehen, Schnaps selbst zu brennen und im Untergrund zu trinken, es funktioniert also nicht mit der Härte des Gesetzes, den Konsum zu unterbinden.
Ich halte es deshalb für richtig, das wir umgeschwenkt sind von Verboten zu anderen Sachen wie Behandlung.
Was Mutzkes Mutter auch benötigt hätte, denke ich, eine ausgestreckte helfende Hand mit klinischer Unterstützung, anstelle von Stigma.