Moin Brickmann,
ich musste zu heute einen philosophischen Text in Interviewform lesen und stieß dabei auf eine Erklärung zur Spiritualität, ohne dass sie als Definition vom Interviewten angesehen wird:
"Unter Spiritualität verstehe ich das ..., was sich sehr genau auf den Zugang des Subjekts zu einer bestimmten Seinsweise bezieht und auf die Transformationen, die dieses Subjekt selbst durchlaufen muss, um zu dieser Seinsweise zu gelangen."
("Die Ethik der Sorge um sich als Praxis der Freiheit" - Gespräch mit Helmut Becker, Raul Fornet-Betancourt, Alfred Gomez-Müller, 20.01.1984; in: Concordia. Revista international de filosofia, Nr. 6, Juli - Dezember 1984, S. 99 - 116)
Ich finde diesen Blick auf Spiritualität sehr abstrahiert und dadurch recht umfassend und für mich interessant.
Der Verfasser setzt Spiritualität in Bezug zur Philosophie. Er schreibt, in der Antike geht es der Philosophie zuerst um das Selbst und erst danach kam die Erkenntnis der Welt, die sich die meiste Zeit auf diese Sorge um sich stützte.
Bei Descartes fände sich in den Meditationen genau dieselbe spirituelle Sorge um den Zugang zu einer Seinsweise zu finden, in der der Zweifel nicht mehr erlaubt ist und wo man schließlich zur Erkenntnis gelänge.
Diese Seinsweise ist durch Erkenntnis bestimmt, so sein Schluss aus der Entwicklung in der Antike.
Philosophie definiere sich als Zugang zum erkennenden Subjekt oder auch zu dem was das Subjekt als solches ausmache.
Von daher gesehen scheint dem Autor, "dass sie (die Philosophie ist gemeint) die Funktionen der Spiritualität durch das Ideal einer Begründung der Wissenschaftlichkeit überlagert.“
Soweit für mich wichtiges aus dem Text.
Meine vorläufige Erklärung daraus ist: Beiden geht es um den Zugang zu einer Seinsweise, bei der es am Ende um Erkenntnis geht.
Die Philosophie hat dazu im Laufe der Jahrhunderte das Ideal entwickelt, diese Erkenntnis müsse
wissenschaftlich begründet sein. So sprichst ja auch du von deinem Ausgangspunkt als der empirischen Wissenschaft.
Den Unterschied zur Spiritualität sehe ich in den Transformationen, die ich als Subjekt nur selbst durchlaufen kann oder muss um zu dieser Seinsweise zu kommen, die ich eben nicht durch kausalen logischen wissenschaftlichen Schluss wie in der Philosophie erreichen kann.
Da könnte ich zum verdeutlichen analog zu unserem Seinsfeld, des der an einer Bipo erkrankten Menschen, sagen: Wir sagen ganz oft, wirklich nachvollziehen oder verstehen, wie sich unsere Erkrankung anfühlt, was das sich auf verschiedene Therapiemöglichkeiten einlassen bringt, kann nur wer das tut, also als Betroffener, also für sich individuell. Die Wissenschaft erschließt mit verschiedenen wissenschaftlichen Methoden begründet alles rundum die Bipo, Ursache, Auslöser, mit Hilfe von Diagnostik, Medis, andere Therapiemöglichkeiten. Eine wunderbare Hilfe und Rahmen für uns, GsD wissenschaftlich so viel weiter entwickelt seit der Antike.
Aber jeder einzelne Erkrankte muss für sich den Prozess der Erkennung, Diagnose, Therapien, Annahme der E., evtl. Rückschläge selbst durchlaufen, also
tun. Wenn es gut geht, lernen wir einen Umgang mit der Bipo, der uns ein zufriedenes Leben ermöglicht. Unser Sein ist dann am Ende ein transformiertes, anderes als von vor der Erkrankung, das sich in der Auseinandersetzung mit der Bipo dahin entwickelte.
Soweit dazu von mir, nicht ausgereift. Wäre gern diskutierbar von meiner Seite aus.
LG
s.