Bairischer Bob Dylan als Trostspender

Sumosimi
25. 07. 2002 19:27
Hallo liebe manisch-depressiven Freunde im Internet und ihre Angehörigen!
Musik ist ja ein großes Thema bei MD. Im Hoch könnte man den ganzen Tag singen und die Musik kann einem gar nicht laut genug sein, dafür geht sie einem in der Depression mitunter entsetzlich auf die Nerven. Aber wie es zugeht in der Welt gibt es ja der Musiken gar viele.
Ich möchte nun auf einen Künstler aufmerksam machen, bei dem ich mir gut vorstellen könnte, dass er auch md ist, vielleicht war ich deshalb mit vierzehn so verrückt nach ihm, er hat zu allen Zeiten meines Lebens immer genau das ausgesprochen, was ich fühle. Im Gegensatz zu vielen anderen, die irgendwann mal auf einer Masche hängen bleiben, hat er in den letzten fünfzehn Jahren unglaubliche Entwicklungen durchgemacht und verändert sich noch.
Er singt auf bairisch, das ist nicht jedem sein Ding, aber es macht ihn ehrlich und authentisch. Nun, die Rede ist von Hans Söllner. Vielen ist er hauptsächlich dadurch bekannt, dass er für eine Legalisierung von Cannabis eintritt und die Polizei nicht leiden kann. Die letzten Jahre wurde in Bayern richtig Jagd auf ihn gemacht, aber er ist da geblieben und tritt denen weiter auf die Füße, dabei könnte er längst in Jamaica ein angenehmes Leben führen, das bewundere ich sehr: da anzufangen, die Welt zu verändern, wo man halt hingeboren wurde. Viele seiner Lieder sind sehr sozialkritisch, aber kein einziges ist 'gut' gemeint oder verkrampft. Viele seiner alten Lieder handeln von Depression, Enttäuschung und Todessehnsucht, aber immer transportiert Hans Söllner Hoffnung und Kraft zum Aufstehen, das spendet Trost, von dem man sich nicht verarscht fühlt, weil man spürt, der weiß, wovon er singt.

Inzwischen hat Hans Söllner (wohl durch ein Nahtoderlebnis) zu einer beneidenswerten, sehr individuellen Spiritualität gefunden und singt vor tausenden von jungen und alten Leuten Lobungen und Preisungen an den lieben Gott, begleitet von einer Reggaeband - das hört sich vielleicht schräg an, aber der Mann hat ein Sendungsbewusstsein wie der Dalai Lama, Bob Marley, John Lennon und Patti Smith in Personalunion und alle singen sie mit. Wenn Hans Söllner sich bei Gott für die Welt bedankt, versäumt er es nicht, sich auch für sich selbst zu bedanken. Bei dia bedongg i mi heit fia mi. Das ist an Simplizität kaum zu überbieten, aber es läuft einem eiskalt den Rücken runter, wenn man es mitsingt, ob man an Gott glaubt oder nicht, es ergreift einen sehr, man wird ehrfürchtig vor dem Leben und dann ist das Leben Gott. Gleichzeitig ruft Hans Söllner sein Publikum dazu auf, aus der Kirche auszutreten. Manch einer geht nach so einem Konzert nach Hause und fängt wirklich an nachzudenken.

Er sagt zum Beispiel auch, dass man erst dann von der Erde verschwinden kann, wenn man hier im Reinen ist. Sonst kommt man immer wieder zurück. Ist glaube ich auch eine buddhistische Weltsicht.
Man kann viel Weisheit aus seinen Liedern ziehen, dabei braucht er gar keine künstliche Sprache, sondern singt einfach so, wie er redet, bemerkenswert simpel aber bestechend einleuchtend, bairisch und sehr kraftvoll. Deshalb ist er auch nie peinlich. Er ist vielleicht ein bairischer Bob Dylan, auch in seiner Kompromisslosigkeit.

Ich verehre diesen Mann sehr, er hat sehr viel zu sagen, ist aber niemals der Versuchung erlegen, sich auf die Rolle eines Gurus herabzulassen oder so. Selbst mein mich ob meines Musikgeschmacks stets defätistisch bepöttelnder Mitbewohner musste zugeben, dass man auf diesen Mann nur hören kann und in aller Bescheidenheit versuchen sollte, auch ein guter Mensch zu werden.
Das Wort zum Sonntag. Bedanke mich.

Diesen Beitrag hab ich besonders auch für Rippchen geschrieben, weil sie sich fragt, wofür das alles. Hans Söllner hat tausendundeine Antwort dafür und war mir einfach immer ein Trost und Quell der Kraft.
Zwar sollte man immer selber Antworten finden, aber manchmal geht das eben nicht.

Für alle, die dieser Mann jetzt interessiert: Hans Söllner hat eine Homepage, da kann man Songs runterladen, sich informieren, wie der Freistaat ihn verfolgt und eine längere teilweise auch philosophische Geschichte von ihm lesen. Auch alle Texte kann man runterladen.

Mir ist es ein bisschen peinlich, dass ich hier für meinen Lieblingsmusiker werben will und bin mit diesem Beitrag ein wenig unzufrieden. Lacht mich nicht aus, probiert es einfach mal mit ihm.

Grüße
Her Majesty
Sumosimi
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Bairischer Bob Dylan als Trostspender

Sumosimi 601 25. 07. 2002 19:27



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