Meine lieben manisch-depressiven Freunde im Internet und Angehörigen!
Nachdem ich dieses Buch über die Paranoiker gelesen habe, befürchtete ich gestern spontan, selbst nach der Lektüre eine Paranoia vor Paranoikern am Hals zu haben.
Ich habe in meinem Leben noch nie Zwerge gesehen, wo keine waren und fühlte mich auch noch nie wirklich verfolgt (jeder fährt mal schwarz).
Doch schon oft (vorwiegend in depressiven Zeiten) konnte ich einen gewissen paranoiden Zug an mir feststellen:
Manchmal sitze ich an einem Tresen und glaube, den Durchblick zu haben und die eigentliche Botschaft zu verstehen. Dann plane ich im Kopf Gespräche voraus, die nie so stattfinden, stelle mir vorausgegangene Situationen vor, bei denen ich nicht anwesend war. Ich habe das Gefühl, bei jeder Person in meiner nächsten Umgebung zu wissen, weshalb sie wie auf was reagiert und was damit bezweckt werden soll. Vor allem Kleinigkeiten und vermeintliche Doppeldeutigkeiten lösen solche ?Durchblicksketten? in mir aus, es ergibt sich ein großes Ganzes, das ich natürlich durchschaue. Dieses Gefühl deprimiert mich eher, als dass es mich erhebt. Denn ich denke dann in etwa: Verdammt, das dürfen die nicht mitkriegen, sonst will keiner mehr was mit mir zu tun haben... Wie soll ich glücklich werden, wenn die Menschen mir keine Überraschungen mehr bieten können, wenn ich sie alle durchschaue und sie so uninteressant für mich werden...
Wenn ich besonders depressiv bin, kriegt das ganze natürlich schnell den touch von Verschwörungstheorie: Die haben sich abgesprochen... ich kann mir schon vorstellen, wer dahinter steckt... am besten ich tu so, als ob ich nichts merke... der hat mich jetzt nicht gegrüßt, weil er sich für meine Bekanntschaft schämt... sie hat zwar so getan, als spreche sie allgemein, aber ich hab schon verstanden, dass das gegen mich gehen sollte... die tun alle so, als hätten sie?s nicht mitbekommen...
In manischen Phasen lesen sich meine Gedanken eher so: Der hat mich nicht gegrüßt, weil seine Freundin nicht mitkriegen soll, dass... der Typ da hinten hat?s kapiert, der hat schon zweimal hergekuckt, der hat gesehen, dass ich ?ne Krone aufhab... aah, der Sänger hat mich angesehen, er hat mir angesehen, dass ich kapiert hab, worum es in diesem Song geht... der hat wahrgenommen, dass uns was verbindet... nach dem Konzert geh ich hin und mach ihm ein Kompliment zu den Liedern und der Band...
Dabei bilde ich mir natürlich immer ein, ein Kompliment von mir enthalte gleich zig verschiedene Bedeutungsebenen)
Es ist nicht so, dass mir das tatsächlich Angst macht, es ist mir nur oft lästig, wenn es immer wieder anfängt und ich vergesse, mich erst gar nicht darauf einzulassen und es immer wieder passiert, dass ich mich reinsteigere. Und weil es auch so bescheuert und hirnrissig ist. Oft lache ich drüber und weise mich selbst zurecht, wenn die Geschichten, die ich mir dann im Kopf zusammenspinne allzu wild und unwahrscheinlich werden, weil ich manchmal ein bisschen Angst habe, ich könne irgendwann nicht mehr zwischen tatsächlich Erlebtem und auf diese Weise erfundenen Geschichten unterscheiden.
Ein anderes Problem ergibt sich daraus, dass ich ganz anders auf meine Umwelt reagiere, als diese es von mir erwartet, weil sie ja mein geheimes ?Wissen? nicht teilt. Hingegen, wenn meine Umwelt auf mich anders reagiert, als ich mir es ausgerechnet hab, finde ich natürlich schnell eine paranoide Erklärung dafür.
Ich weiß auch, dass Kiffen bestens geeignet ist, eine solche Problematik zu verschärfen. Aber wenn ich gekifft hab, weiß ich wenigstens immer, woher die Paranoia kommt und muss sie wirklich nicht ernst nehmen. Ich hatte aber solche Gedanken mein Leben lang, also auch schon in der Schule, als ich militant gegen jede Art von rauscherzeugenden Substanzen war.
Kennt jemand von euch diesen Größen-/Verfolgungswahn, habt ihr ähnliche Erfahrungen? Ist
das typisch für mdler oder hab ich sonst wie einen an der Waffel?
Fragt euch
Her Majesty
Sumosimi
