Hallo @Brickmann: ich drehe den Spieß herum.
Bin seit meinem 18. Lebensjahr in einer kreativen Branche tätig und hatte in meiner Freizeit vor allem in den Zwanzigern natürlich so eine Bohème-Clique um mich rum. Bis morgens 4 oder 6 Uhr in den Kneipen hängen, dann sofort zum Job...
Sprich: wenn ich ganz tolle Ideen hatte, haben die mir applaudiert oder hatten Angst vor mir, keiner hat mich in die Landesnervenheilanstalt eingewiesen...
Und so konnte ich beinahe "unbeobachtet" meine Höhen und Tiefne einfach so ausleben bis ich etwa 40 Jahre und einsichtig war als Ernährerin von 4 Leuten.
Aber Anfang 20 ? Einmal in den Rhein von der Brücke, selber ans Ufer geschwommen, von den andere Versuchen spreche ich jetzt nicht so viel das wäre kabarettreif... aber es waren einige halbernst gemeinte Versuche dabei
Nur ein Beispiel aus dieser Zeit:
Kurz vor dem Hochsitz, als ich ein Stück im Wald alleine ging, kam der Förster auf mich zu: "Was laufen Sie hier in der Schonung rum, kann ich Ihnen irgendwie helfen?"
Und irgendwann war das Tief wieder weg, man lebte das Leben, verliebte sich vielleicht und hatte rauschartige Zeiten (Manie). Klar, als Künstler/Kunsthandwerker war das weniger wild als Beamter. Vor allen im Vergleich zu den anderen Mitarbeitern, die extrem drauf waren, wenn der eine Kollege Junkie war, mit dem Firmenlieferwagen sein Zeug organisierte und dann am Rand von der Autobahn einschlief, nach dem Schuß natürlich... , die andere Frau Kollegin Koks gegen Zahnschmerzen nahm und der Altgeselle Säufer war...[Anfang 90er Jahre im Dunstkreis von Frankfurt].
Zum Thema: wie reagiert kreative Umwelt auf Hypomanie?
Ein Chef hat mir irgendwann einen Schnaps angeboten, weil ich total wie aufgezogen sprach und außer mir war.
Einem Monat später war ich dann gekündigt, weil ich das Arbeiten etwas übertrieben habe. Zu Recht.
Kurzum: m.M. bekommt man als Bipo sozusagen eine Bühne, wenn man in kreativen Bereich arbeitet. Man kann sein "vom himmelhochjauchzend bis zum Tode betrübt" einfacher ausleben.
Mein ganzes Leben (bin jetzt über 50) war ich noch nie eingewiesen, aber im Nachhinein hätte man das mindestens 5 x ruhig machen dürfen... :-))
Und noch was: Was Du mit der Kreativität erlebt hast, habe ich mit der Libido erlebt.
Aber letztes Jahr habe ich gespürt, es ist doch nach 7 Jahren Lithiumprophylaxe wieder zurückgekommen.
Das Schlimmste am Anfang vom Lithium nehmen fand ich übrigens das Gefühl, das mein Hirn "eingeschlafen" ist unter der äußeren Hülle. Und der Wahnsinnsdurst! Das Kribbeln im Kopf (=eingeschlafen sein) ließ glücklicherwiese dann irgendwann nach einem halben Jahr nach.
Am Anfang dachte ich wie Du @Brickmann, aber inzwischen weiß ich, dass meine
Kreativität einfach etwas gleichmäßiger strömt. Weil ich auch nicht mehr drei Nächte hintereinander nur am Arbeiten bin wegen eines wichtigen Termins.
Ich bin weiterhin kreativ, ohne diese schwarzen Löcher von einen 1/2 oder 3/4 Jahr plus ein Jahr Schuldgefühle aufarbeiten noch von der Manie...
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Enttäuschungen können Dich ersticken oder formen.
Und manchmal können sie ein Neubeginn sein.
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BS II, täglich 800 mg Lithiumcarbonat seit ca. 2010 - und seit 2008 lese ich mal und mehr mal weniger hier
8-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.12.18 00:07.