Hallo Dominikus,
ich kann dich sehr gut verstehen. Ich wurde 2012 bei einem Klinikaufenthalt mit der Bipolaren Störung diagnostiziert. Ich war von einem Freund mit schweren Depressionen in die Notaufnahme gebracht worden.
Dann habe ich in 11 Tagen 6 Medikamente bekommen und bin manisch geworden. Ich war der Meinung, dass ich durch Krankheit Sterben und Tod in meinem nahen Umfeld - Überforderung mit Job und ständig wechselnden Schichtdienst, "logischerweise" einen Zusammenbruch hätte - zumal ich auch noch Hochsensibel bin.
Habe mich gegen die Medikamente, gegen die Diagnose - gegen alles gewehrt. Und war durch den Widerstand wieder handlungsfähig geworden.
Null Krankheitseinsicht - Empfehlungen meine 2Pferde zu verkaufen - EU Rente zu beantragen oder wenigstens aus dem Schichtdienst rauszugehen - habe ich nicht umgesetzt. Nach der Entlassung (teilstabilisiert) war ich dann in der PIA wo ich auch mit dem Behandler über die" falsche" Diagnose und meinem Wiederwillen gegen Medikamenten sprach.
War in einer gemischten Phase. Der Therapeut meinte dann, dass es sinnvoll wäre die Medikamente abzusetzen und ich war ihm so dankbar!
Denn ich brauchte ja die Energie um alles wieder so zu machen wie bisher - Meine Jungs in Selbsversorgung Arbeiten im Schichtdienst und eine Menge oben drauf!
Habe dann den 1. August als 2. Geburtstag gefeiert.Und bin in eine Hypomaie und dann Mani reingerutscht mit allen schlimmen Folgen - wieder in schwere Depressionen.
Und dann kam der nächste Klinikaufenthalt.
Schlimme Depressionen, die durch den Verkauf von einem meiner Pferde noch schlimmer wurden
- Lithium und Tavor Schuld und Schamgefühle Selbstverachtung und der Wunsch zu sterben.
aber keine Krankheitseinsicht für eine BS - ´höchstens für Depressionen.
Die Arztin ging in den Urlaub und ich in den Widerstand.
Unsensible Pfegerinen, schlechte Abläufe gelangweilte Ärzte ich lief zur" Hochform" auf
und setze meine Entlassung durch.
Immerhin hatte ich jetzt einen Psychiater, der mir als erstes sagte, dass ich schwer manisch wäre und durch seine Direktheit irgendwie zu mir durchdrang und mir Valproat gab. Und trotzdem hatte ich weiter Null Krankheitseinsicht.
Es folgten 6 Wochen Manie - dann 6 Wochen Depression - der Arzt im Urlaub und ich wieder in der Klinik!
Schwere Depressionen rat und hilflos - Trotz Lithium, bin aus den Depressionen nicht rausgekommen. Nach der Klinik (mittlerweile das 3. mal in 2 Jahren), bin ich in eine ambulante Gruppentherapie gegangen und habe gleichzeitig die Betreuung für meinen Vater übernommen, der an Kehlkopfkrebs erkrankt war.
Mein Arzt fand es nicht gut und meinte dass ich es mit meiner BS nicht könnte. Habe dann erst die Medikamente gelassen und als der Arzt weiter nicht verstand, dass ich doch die Betreuung für meinen Vater übernehmen "musste" , bin ich nicht mehr hingegangen . Für meinen Vater hatte ich
das komplette Programm - alleinige Vollmacht - Krankenhaus Pflegeheim Wohnungsauflösung Kostenübernahme klären - Kranken und sehr schlimme Sterbebegleitung. gleichzeitig arbeiten und ich bin mit meinem Pferd 5x umgezogen
Im Juni, dann der Tod meines Vaters - bin dann wieder zu meinem Arzt gegangen und habe eine Therapie angefangen und war aber sehr "stolz" alles ohne Medikamente geschafft zu haben.
Im Januar kam ich nach viel Stress und Trauer zu einem ambulanten Termin zu meinem Arzt, der mich gleich in die Klinik brachte - schwere Depressionen, starke Suizidgefahr.
Und da war ich wieder! in der Klinik - zum 4.Mal in 4 Jahren!
Und jetzt war ich dann soweit - Der Oberarzt brachte mit in geduldigen Gesprächen die Krankheitseinsicht nahe, eine engagierte Ärztin focusierte mich auf 2 Hauptprobleme - Arbeit und Pferd - deren Lösung ich trotz schwerer und mittlerer Depressionen angehen sollte - was ich auch tat.
Ich wurde auf Lamotrigin eingestellt und einem AD und ich ging (obwohl der Impuls da war) nicht in den Widerstand. Ich begann die BS zu akzeptieren - nicht gut zu finden oder gar einverstanden zu sein - aber zu akzepieren.
Ich nahm die Medikamente ließ mich nach 8 Wochen Klinik auch noch (wiederwillig) auf 8 Wochen Tagesklinik ein. Und schaftte es auch hier - nicht in den Wiederstand zu gehen ( obwohl es viele Gründe gegeben hätte)
Ich nahm meine Medikamente, fing nach einer Wiedereingliederung mit 80% ohne Schichtdienst, wieder an
zu arbeiten.
Seit 2,5 Jahren bin ich relativ stabil - keine Krankheitsepisode mehr ( gefühlt trotzdem wie endlos Achterbahn) Und ich habe die Krankheitseinsicht ohne mich mit der Krankheit zu identifizieren. Ich habe eine Bipolare Störung - ich bin nicht bipolar.
Ich habe durch die Akzeptanz ( wie gesagt, dass heisst nicht gut finden oder einverstanden sein) von BS und Medikamenten regelmäßige Arztbesuche, eine abgeschlosseneTherapie, viel Lektüre und Selbstreflexion immer noch meinen Job, mein Pferd (auch wenn wir noch mal umgezogen sind) habe eine Gesprächsgruppe und singe im Chor.
Ich wackel immer noch - aber ich bin nicht mehr gestürzt oder geflogen. Ich habe Angst noch mal eine Episode zu bekommen. Deshalb diskutiere ich heute nicht mehr über die Medikamente - ich nehme Sie - und ich bemühe mich sehr um Struktur und Balance was ich schwierig und anstrengend finde.
Und doch bin ich dankbar für dass was heute geht - 2016 bin ich über das Klinikgelände an der Geriatrie vorbei geschlappt und hatte den Jingle im Ohr " wir geben Ihrer Zukunft ein zuhause" und das wollte ich ganz sicher nicht und hatte trotzdem Angst, dass das meine Zukunft sein könnte.
Mir haben die Krankheitseinsicht und die Medikamente geholfen - wenn ich auch sehr lange brauchte und froh wäre, wenn ich früher einsichtig gewesen wäre und meinem Umfeld und mir eine Menge erspart hätte.
Ich wünsche Dir für Dich Deinen Weg zu finden.
Liebe Grüße
Nalu
Entschuldige bitte den langen Text - das ist schon die gekürzte Fassung :)))