Eisbaer schrieb:
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> Es hat nur Sinn ihn ins Krankenhaus seiner Wahl zu
> stecken. Einen Ort wo er nicht hin will und gegen
> welchen er Aversionen hat wird bestimmt nicht zur
> Heilung beitragen.
Grundsätzlich mag ich zustimmen. Aber ich denke, in manchen Fällen ist jemand auch erstmal überhaupt nicht begeistert von etwas, ändert seine Meinung dann aber im Zuge des Herauskommens aus der Krankheitsphase.
Vor wenigen Tagen las ich gerade "Meine Schizophrenie" von Klaus Gauger. Der hatte eine schier endlose Krankheitsphase über viele Jahre, in der seine psychotische Symptomatik durchgängig mal mehr und mal weniger präsent, nie aber längerfristig richtig weg war. Wenn ich es richtig verstand, zog sich das über etwa 20 Jahre (!) lang hin. Dann kam er in eine Psychiatrie, wo er vor die Wahl gestellt wurde, ob er entweder ein halbes Jahr stationär in der Klinik bleiben oder aber eine Xeplion Depotspritze alle vier Wochen annehmen wolle. Erst als er dann mittels dieses Neuroleptikas (Xeplion Depotspritze) so richtig aus seiner Wahnwelt herauskam, erkannte er die Notwendigkeit der medikamentösen Behandlung und wie verkehrt seine vorige (krankheitsbedingte) Weltanschauung war.
Vor dem Hintergrund plädiert der Autor Klaus Gauger (Dessen Buch ich da heranzog) auch für mehr Zwang in den psychiatrischen Strukturen in Deutschland. Wenngleich er die Art der Umsetzung dabei für sehr wichtig hält. Sodass nicht am Ende ein Trauma draus wird oder man den Widerstand und die fehlende Krankheitseinsicht nicht geradezu heraufbeschwört.
Einen ähnlich gelagerten Fall hatte ich neulich auch mal im erweiterten Bekanntenkreis. Da gab es eine junge Frau, die über vielen Monate einfach kontinuierlich immer hoch emotional und aggressiv war. Bis sie dann (wie im Beispiel aus dem Buch) vor die Wahl gestellt wurde, entweder eine Xeplion Depotspritze anzunehmen oder aber stationär in der Psychiatrie zu bleiben. Ich weiß nicht, ob sich mit Blick auf Krankheitseinsicht etwas bewegt hat oder sie die Medikation als sinnvoll erlebt. Weiß auch nicht, wie sehr sie unter den Nebenwirkungen leidet, wenn sie denn überhaupt darunter leidet. Aber sie wirkt seither viel fröhlicher, freundlicher und entspannter. Auch für ihr Umfeld ist sie seither viel angenehmer bzw. überhaupt erst angenehm geworden.
Daher weiß ich nicht... ob man zunächst immer begeistert sein muss, um am Ende von einer Behandlung profitieren zu können.
Ich bin selbst nicht wirklich Fan von Medikamenten und in den vorigen Absätzen klingt etwas anderes heraus. Aber in manchen Fällen bin ich doch froh, wenn Leute Medis nehmen und nicht längerfristig versuchen, ohne welche auszukommen.
Vielleicht wäre es sinnvoll, schon eine Art von Deathline zu setzen und Konsequenzen anzukündigen, die folgen würden, wenn ein Aufschieben darüber hinaus stattfindet. Wobei das jetzt so ein Gedanke war, der mir beim Lesen der Texte kam. Als Mensch, der selbst in der Situation drinsteckt, mag man besser entscheiden können, was tatsächlich Sinn macht oder angezeigt wäre.