"Mich würde sehr interessieren, wie ihr Freundschaften erlebt, schließt oder eventuell auch beendet habt.
Was habt ihr für Erfahrungen gemacht und wie habt ihr die unvermeidlichen Enttäuschungen verarbeitet.? "
Ich differenziere da stark zwischen Kollegen/Kollegschaft und Freundschaft. Erstere sind ein weites Feld, grosse Gruppen, etwa Arbeitskollegen aber auch Leute mit denen man mal was trinken gehen kann und sowas. Aber Freunde sind was viel stärkeres, die auch Krisen-geprüft sind und gezeigt haben, das sie zu einem stehen und einem weder hintergehen noch wegen den Krisen die Freundschaft beenden.
Darum denke ich, erst wenn man jemanden mehrere Jahre oder Jahrzehnte kennt und gemeinsam so vieles gemeistert und durchgemacht hat, dann ist es wirklich eine Freundschaft. Und die bleibt dann meist auch bestehen über viele, viele Jahrzehnte.
Darum, ich habe gerade mal zwei Personen, wo ich jetz ernsthaft von langjähriger, wirklicher Freundschaft reden würde. Der Rest sind.... eben, Kollegen. Sind auch alles gute Menschen, aber man hat halt nicht soviel gemeinsam durchgemacht, das man zusammengeschweisst wird.
Als Beispiel, wie man zusammen hält: Als ein Freund von mir vom psychiatrischen Dienst eingewiesen wurde gegen seinen Willen in die Klinik, war ich der einzige von allen, der ihn dort besucht und ihm wichtige Dinge besorgt hat. Andere Leute im Umfeld hingegen, die hats nicht gekümmert und denen war es egal, das er alleine in einer verdammten Isolierzelle eingesperrt war.
Ein anderes Beispiel: Ein langjähriger Freund von mir leidet an einer schweren Krankheit, die seine Nieren unaufhaltsam zerstört. Er hängt jetzt an der Dialyse-Maschine, also Blutwäsche und man muss jetzt ein Spenderorgan auftreiben. Aktuell wird seine Familie geprüft, ob die als Spender in Betracht kommen (ist aus medizinischer Sicht am Besten, von Angehörigen wird das Organ meistens eher angenommen als abgestossen, dazu muss Blutgruppe usw. alles passen). Ich habe ihm gesagt, wenn seine Familie ausscheidet aus irgendwelchen Gründen und er am Ende ist, dann werde ich eine meiner Nieren ihm spenden, damit er weiterleben kann.
Darum, man sollte Freundschaft und Kollegschaft trennen. Ein Freund ist jemand, der sich wirklich um dich kümmert und dich nie im Stich lässt, noch nicht einmal dann, wenn die Situation schon hoffnungslos ist. Ein Freund ist jemand, der dich rausholt wenn du in der Klemme steckst, auch mit eigenem Antrieb, notfalls eigenen Geld usw.
Darum, es ist normal, wenn man wenig Freunde, aber viele Kollegen hat im Leben. Vielleicht ist all das jetzt nicht die Antwort auf deine Frage, sorry, aber ich wollte mir das ohnehin mal von der Seele schreiben, es tut auch gut, mal darüber zu sprechen.
Gruss
Wesker