Hallo Caglar,
ich bin hier nicht im Forum oder bei der DGBS beschäftigt. Seit 2002 schreibe ich hier im Forum und damals als ich hier angefangen habe zu schreiben, war ich selber sehr krisenhaft, voller Zweifel und Ängste. Ich hatte in zwei Foren ein Posting gesetzt, damals auch noch im "kompetenznetz Depression" doch hier in diesem Forum erhielt ich sehr schnell Antworten, die mich in der damaligen Zeit aufgefangen, mir Mut gemacht haben, mir Hilfe im psychiatrischen System zu holen.
Mit der Zeit habe ich hier Menschen kennen gelernt, mit denen ich mich auch privat real oder telefonisch ausgetauscht habe und vieles auch von ihnen mitnehmen habe können. Viele Themen, die hier angesprochen werden, kannte ich selbst. Was es heißt in einer Krankheitsphase Freunde zu verlieren, der Job weg ist und wie es ist, sich zu verschulden, bzw. plötzlich komplet ohne Geld da zu stehen, weil ich es in der tiefen Depression nicht geschafft habe, Formulare auszufüllen oder mir dazu Hilfe zu organisieren. Ebenso habe ich lange gebraucht, um überhaupt ein für mich passendes Medikament zu finden, was aber Phasen nicht gänzlich verhindern kann.
Die meisten Themen, die hier im Forum besprochen werden, kenne ich also auch aus eigener Erfahrung. Selbst, was es heißt, wenn die Medikamente von jetzt auf gleich abgesetzt werden, was ich zwei Mal (habe bei der Abreise die Medikamente auf dem Tisch liegend vergessen) mit einer Absetz-Depression büssen musste. Mit einer vorher geplanten Reduktion ist mir das nicht passiert.
Nun bin ich hier, wie auch wo anders nicht nur als Heike mit der Depression, sondern mit all meinen Rollen und daraus entstandenen Erfahrungen hier. Ich bin als Schwester, Tante, Kind, bin als Freundin, als Hartz-IV-Empfängerin, als Mieterin, als Fahrerin von öffentlichen Verkehrsmitteln, als Kollegin, als Mitarbeiterin, als Ehrenamtlich Tätige, etc. pp. unterwegs. Meine eigene Krisenhaftigkeit spielt in all diesen Rollen, mal mehr, mal weniger mit rein, ebenso wie meine Genesungswege in alle Bereiche hinein ragen.
Wenn ich hier also von den Erfahrungen aus meiner Tätigkeit als Genesungsbegleiterin erzähle, dann ist dies nur ein Teil von dem, was ich als Person Heike mit bringe. So wie andere von Ihren Jobs, ihrer Rente, ihrem Mutter-/Vater/PartnerInnen-Sein erzählen und dies ggf. genauso zum Thema passend ist.
Ich hoffe, ich konnte mich dir ein wenig erklären und es ist hoffentlich klar geworden, dass ich hier nicht in einer Funktion unterwegs bin, sondern als Heike.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).