Hallo Tigger
Ich habe die Diagnose Bipolar ja erst seit ein paar Wochen und bin noch mit der Medikamenteneinstellung beschäftig
In Therapie bin ich aber seit drei Jahren (wegen Depressionen).
Wenn ich so zurück denke, dann habe ich die Erkrankung wohl seit etwa 10/11 Jahren, ich bin heute 27.
Ich habe mir in der Vergangenheit viel verbaut, ständig den Job gewechselt, viel gearbeitet und bin doch immer wieder hingefallen. Eine Ausbildung habe ich nie gemacht. Auf Dauer war mir immer alles zu langweilig. Leider habe ich schon bei meinen ersten Arbeitsschritten üble Erfahrungen mit meinen Vorgesetzten gemacht, was meinem Selbstwertgefühl imens geschadet hat, bzw. es schlussendlich kaum noch vorhanden war.
Heute bin ich beinahe "froh" ende 2014 einen Zusammenbruch gehabt zu haben. So kam ich auf die Sozialhilfe und in psychiatrische Behandlung Ambulant und in Tageskliniken. Viel habe ich so verarbeitet, vorallem die Kindheit kann ich nun hinter mir lassen, an meiner Jugend arbeite ich zur Zeit noch.
Sich selbst zu verstehen, sei es weshalb ich extreme Ängste in meiner Kindheit hatte, oder weshalb ich diese unsteuerbaren Auf und Abs in den letzten Jahren hatte, all das hilft voran zu kommen. Heute kenn ich mich besser als viele meiner Freunde das über sich selbst sagen können.
Ein Mitpatient in der Tagesklinik sagte einmal zu mir, dass er uns Jungen darum beneidet so früh in Behandlung zu sein. Es habe sich so vieles in seinen 55 Jahren angesammelt, was er nie verarbetet hat, dass er das Gefühl habe kaum voran zu kommen.
Und für mich stimmt das. Ich bin 27 Jahre alt, habe wie viele andere auch einiges durchgemacht, habe aber in den letzten drei Jahren mehr gelernt, verstanden und verarbeitet als ich jemals vermutet habe.
Klar wäre ich lieber "normal", müsste mich nicht mit Medikamente, Nebenwirkungen und Suizidgedanken beschäftigen.
Aber ich habe Hoffnung! Und Ziele. Deshalb weiss ich auch, dass ich die Matura (Abitur) nachholen werde und danach endlich etwas studieren werde was nicht langweilig sein wird, da ich immer wieder neues lernen kann.
Langer Text kurze Antwort: Ja, ich bin froh, dass ich in jungen Jahren diese Diagnose erhalten habe. Vermutlich aber auch, da ich so viel Hilfe, von wirklich guten Psychologen, Psychiatern und meiner damaligen Sozialhilfebetreuerin erhalten habe. Dieses Glück hat nicht jeder, das habe ich immer wieder feststellen müssen. Deshalb bin ich dankbar, auch wenn das Leben einfacher sein dürfte.