Hi Annika,
ganz ehrlich, die Frage nach der Medikation ohne entsprechenden Hintergrund macht präventiv absolut keinen Sinn. Warum wird so viel probiert und gewechselt. Warum dauert die Einstellung Jahre? Warum gibt es so viele nervende Nebenwirkungen? Oder warum muss nach langer Zeit wieder neu justiert werden? Psychopharmaka wirken nicht zielspezifisch, sondern nach dem Gießkannen-Prinzip auf größere Areale des Gehirns. Letztendlich wäre bei einer Neueinstellung Deiner Tochter auf Medikamente Deine gebildete Meinung völlig egal und unverantwortlich, weil nur der Körper Deiner Tochter weiß, wie er mit bestimmten Medikamenten zurechtkommt. Das kannst Du von außen so nicht erkennen.
Auch die Vollmacht im Zuge der Recherchen in diesem Forum finde ich sehr bedenklich. Ich bezweifle, dass dieses Forum den Querschnitt der Betroffenen bildet. Die Krankheit äußert sich in Abhängigkeit vieler kleiner und großer Einflüsse sehr variabel. Etliche schaffen es, mit der Krankheit problemlos zu leben, vielleicht sogar volle Leistung zu bringen, und andere haben so mit der Krankheit zu kämpfen, dass dies leider ihr täglicher Inhalt ist. Dazwischen gibt es zig Graustufen. Die Konstitution der Tochter ist entscheidend und nicht ein nicht repräsentatives Forum, um den Alltag kurz-, mittel- und langfristig zu organisieren.
Ein Elternteil von mir hat den selben Fehler gemacht und sich bei anderen damals bis vor 3 Jahren über die Krankheit informiert. Dieser Elternteil wollte mich schützen, aber aus der eigenen Angst heraus. Ich wurde nicht gefragt!!! Ich wollte und brauchte diesen engen Schutz gar nicht. Ich musste ständig gegen diese Windmühlen ankämpfen, es kostete mich zusätzlich enorm viel Kraft und die Auseinandersetzungen waren sehr laut und heftig. Das Resultat war/ist, wir haben uns entfremdet und bin heute weit weg erfolgreich als Ingenieur tätig. Nebenbei, hätte der Elternteil gewonnen, hätte ich mich umgebracht, dass bestätigt mir auch der andere Elternteil - Glücklicherweise war mein Wille und meine Geduld, es ging letztendlich über Jahre, groß genug. Heute ist Ruhe, weil er langsam versteht und respektiert.
Wenn Du etwas für Deine Tochter tun möchtest, dann rede mit ihr und versuche die Sachlage von ihrer Perspektive zu verstehen. Auch sind Medikamente und Vollmachten reaktionäre Mittel. Medikamente verstehe ich auch nur als einen Teil der Prävention. Sehr viel Bedeutung messe ich auch dem eigenen Verhalten und Bewegungsradius in Bezug auf mein Umfeld etc. zu. Da kann man präventiv auch viel machen.
Und zum Schluss, es ist nicht immer alles klar. Diese Krankheit ist irrational und hat vor allem eine beschissene Thematik, das Austarieren um eine schmale normale emotionale Mitte. Ich bin häufig ganz leicht depressiv, weil ich sie nicht treffe und auf keinen Fall auch nur im Ansatz in die Manie rutschen will. Das ist mein Kompromiss, um den Alltag zu 100% stabil erleben zu dürfen.
Vielleicht bringen die paar Zeilen etwas?
Viele Grüße
nebulos