Moin liebe Zora,
danke für diesen Baum mit Deinen Gedanken zu einem schwierigen Thema.
Der Psychiater, der mich 14 Jahre begleitete, war jedes Jahr zwischen Weihnachten und Sylvester für seine Patienten erreichbar, weil es an diesem Tagen vielen Menschen nicht gut geht. Psychisch Kranke haben in dieser emotional
aufgeladenen Zeit offensichtlich besonders zu knapsen.
Auch die Ärztin der Institutsambulanz, die mich derzeit betreut, war zwischen den Tagen vor Ort.
Bei mir persönlich fing die emotionale Wackelpartie an, als die Politiker nach der Wahl im ersten Versuch keine Regierung zustande brachten. Das hat mich - zu meiner eigenen Überraschung - so stark verunsichert, dass ich nicht wußte, wie mir geschah.
Meine Ärztin hat das dann mit mir gemeinsam auseinander gepuzzelt und mir erklärt, dass derzeit ganz allgemein
eine große Unsicherheit unter den Menschen ist. Mittlerweile konnte ich mich diesbezüglich wieder beruhigen,
aber an den Weihnachtstagen, war ich bereits angeschlagen.
Mein kritischer Punkt ist in jedem Jahr ausschließlich Heiligabend - das Fest der Liebe und Familie.
Meine Gedanken werden dann nur noch davon beherrscht, dass ich keine Familie mehr habe.
Ich bin die letzte Überlebende meiner Herkunftsfamilie.
Die nachfolgende Generation lebt weit verstreut und hat andere Pläne/Wünsche.
In einem Gespräch habe ich meinen Neffen, dem es auch nicht gut ging, getröstet, in dem ich ihm erklärte,
dass Weihnachten nur 3 Tage von 365 Tagen im Jahr sind.
... und dass wir diese Tage ja wohl überstehen werden.
Kurzfristig konnte ich mich mit dieser Sichtweise dann auch selbst trösten können.
Doch an Heiligabend kam dann bei mir noch der Gedanke hinzu, dass sich "alle Türen schließen".
Alleinlebende - zu denen ich gehöre - sind dann aussen vor: ausgeschlossen.
Am Ende spürte ich nur noch ein riesiges Einsamkeitsgefühl: mutterseelenalleine, von allein vergessen und verlassen!
Es hat mir auch nicht geholfen, dass mir vom Kopf her klar war, dass ich keineswegs vergessen und verlassen worden war. Etliche liebe Menschen hatten an mich gedacht, mir geschrieben und mich beschenkt.
Allein an diesem für mich wichtigen Abend, fühlte ich mich mutterseelenallein auf der Welt.
Kurze Zeit nachdem ich ins Forum geschrieben hatte, erhielt ich eine PN, die ich aber leider in der Nacht nicht mehr gelesen habe. Für die mich erdenden und tröstenden Worte war ich allerdings auch noch am Neujahrsmorgen dankbar und ich habe mich darüber sehr gefreut.
Am 8.1. spreche ich mit meiner Ärztin darüber.
Vermutlich bin ich da an Heiligabend in ein Kindergefühl gerutscht.
Inzwischen ist meine Welt wieder in Ordnung, bin insgesamt allerdings noch sehr überempfindlich.
Liebe Zora,
ich wünsche Dir alles Liebe und Gute im Neuen Jahr.
Möge sich in 2018 erfüllen, was wichtig und richtig für Dich ist.
Viele Grüße
Deborah
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Wer etwas will, sucht Wege.
Wer etwas nicht will, sucht Gründe.
Lerne erst laufen,
bevor du versuchst zu rennen.
("zeitzuleben", Ralf Senftleben)
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2-mal bearbeitet. Zuletzt am 04.01.18 14:58.