Grüße dich!
Erstmal: Danke für deine offenen Worte, ich glaube "sich öffnen" ist der erste Weg, sich und das einem "zugeteilte" Schicksal anzunehmen. Deine Worte haben mich sehr gerührt (bei mir ist auch alles "frisch", habe seit April 17 die Diagnose "Manie" und weiß somit bescheid).
Ehrlich gesagt, kommt mir deine Schilderung sehr, sehr bekannt vor (ich bin die letzten Jahrzehnte rumgerannt und merkte, dass ich "anders" bin - wusste aber eben auch nicht wie).
Ebenfalls die von dir geschilderten Problematiken kenne ich gut (bei mir war´s "der Alkohol" usw...).
Zuerst möchte ich dir sagen: Doch, du passt in die Gesellschaft! Genau so wie du bist!!!!
Du hast nur deinen Platz noch nicht gefunden (ich bin jetzt 38 und es fiel auch mir schwer...)... aber es gibt Leute da draußen, die deine Person lieben und schätzen (meine Arbeitskollegen sagten nach meiner Rückkehr: "Hey - nicht, dass du jetzt zu normal wirst - wir haben unseren verrückten Monster vermisst", und sie kennen mich seit mehr als 10 Jahren). Ich dachte immer, ich sei "anstrengend" für jeden, der mit mir zu tun hat - wusste ich doch, dass bei mir etwas "anders" ist...
Ich weiß um den Schmerz im Herzen, der "Flucht" vor Menschen, den Rückzug aus der Gesellschaft, die Flucht in Suchtmittel... und die darauf folgende "Negativspirale".
Wenn ich dich um etwas bitten dürfte, würde ich dich bitten dich persönlich in einer Spezialklinik vorzustellen (bitte nicht mit "Wartezeiten" abspeisen lassen). Das hört sich erstmal "krass" an - aber du bekommst schnell Hilfe und kannst eventuell Sachen lernen, die sehr wichtig für dein Leben sein werden, niemand wird dich zu etwas zwingen was du nicht willst, bitte glaube mir.
Warum ich dir das Rate? Ich bin jahrzehntelang herumgerannt, habe gekämpft, habe gewonnen, habe verloren, habe gelitten, Beziehungen zerstört und Herzen gebrochen - das alles hat mich unendlich viel Kraft gekostet.
Als ich keine Kraft mehr hatte, kam der "Totalzusammenbruch"... seither nehme ich mein Schicksal an, habe verschiedene Medikamente probiert und eines bekommen, was mein Leben verändert hat (Lithium) - und das nur positiv (achtung: hier schreibt jemand, dessen Philosophie es war: "Der Geist kann alles kontrollieren" und ich verweigerte bei sämtlichen Krankheiten vorher die Medi´s - nicht bei meiner Manie da diese mich und die Menschen in meinem Umfeld belastet - das weiß ich jetzt).
Ich wollte immer "ruhig" und "ausgeglichen" sein, so wie "alle anderen".
Ich wunderte mich, warum ich immerzu am "rasen" war und Phasen hatte in denen ich "komplett am Rad drehte" und Panikattacken hatte.
Meine Gedanken fuhren Achterbahn mit mir und ließen sich nicht stoppen... seit ich "eingestellt" bin habe ich ein völlig neues Leben (ich sage "Leben 2.0"), ich bin ruhig und ausgeglichen... ohne "Kampf".
Ich verstehe nun, warum mir mein Arzt sagte: "Du musst es probieren auch wenn du es nicht willst! Du sagst du bist ruhig? Weißt du denn eigentlich wirklich wie es sich anfühlt "ruhig" zu sein?" - "KLAR" sagte ich zu ihm... und ich lag noch nie zuvor so falsch!
In der Retrospektive kann ich sagen: Nein, ich wusste nicht wie es ist "entspannt" zu sein, "keine Angst" zu haben, keine "Panikattacken", keine "Soziophobie", nicht ständig "anzuecken", sich mal nicht konzentrieren zu müssen da man sonst zu schnell für das ganze Umfeld spricht und entsprechendes Feedback bekommt...
Der Punkt ist: ich wusste nicht was "normal" war.... ich kannte ja nur "meine Wahrnehmung" und lebte damit.
Ich bitte dich darum, das dir innewohnende LIEBEVOLL anzunehmen - kämpfe nicht damit, lass dir helfen!
Lerne dich kennen... ich verspreche, es wird (auch wenn es momentan anders aussehen mag) die schönste Reise deines Lebens - deine ganz persönliche Reise in´s "ich".
Du bist nicht alleine da draußen - mir hat es auch verdammt gut getan, mich mit "gleichgesinnten" auszutauschen und mit meiner dann Krankheit völlig offen umzugehen (ich verstecke mich nicht - ich habe mich angenommen, mit meinen Fehlern, an denen kann und will ich arbeiten, aber auch meinen Stärken).
Die Krankheit macht mich und dich nicht zu einem schlechten Menschen!
Die Frage "was ist normal"... hat mir ein Arbeitskollege beim Rauchen beantwortet: "Wenn 80% der Menschen da draußen Affen wären und wünscht dir du seist wie sie - warum willst du ein Affe sein, hm?"... was ist schon "normal" heute (Menschen erschießen sich - alle halten es für "normal").
Sei "du selbst" und versuche nicht "normal" zu sein - es gibt schon genug "Normalo´s", sei du selbst und sei ehrlich mit dir - und bitte, versuche dir helfen zu lassen (auch wenn sich´s am Anfang "beschissen" anfühlt... es ist toll, am Ende zu wissen, was los ist und was einem gut tut).
Ich wünsche dir alles Gute, bitte gib nicht auf - geh deinen Weg und mache das Beste daraus!