Deswegen denke ich auch, dass Angehörigen mehr Mitgefühl gezeigt werden sollte, weil sie natürlich auch unter der Situation leiden. Was mir nur immer wieder auffällt ist, dass wir Bipolaren von Angehörigen zuweilen als charakterlose Schweine beschrieben werden. Die Krankheit wird häufig ganz schön dämonisiert und jeder Betroffene wird zum unberechenbaren Menschenfeind deklariert. Da ist es dann auch manchmal schwierig solchen Menschen Mitgefühl zu zeigen.
Auch einen krebskranken Menschen in Todesangst kann niemand verstehen, der nie selbst in dieser Situation gewesen ist. Man betrachtet dann immer nur von außen, das liegt in der Natur der Dinge.
Ich bin ziemlich ratlos.... vielleicht ist es so, dass hier wirklich viele schwere Fälle sind? Charakterlos, dämonisiert.... ich habe jetzt bereits mehrere Menschen kennengelernt, die trotz der Erkrankung normal arbeiten, Familie haben usw.! Eine Person kenne ich seit Jahren und habe nie etwas von dieser Erkrankung gemerkt.
Ich denke, dass ist ein Problem, dass die Krankheit sehr unterschiedlich, vielfältig und unberechenbar daher kommt.
Meistens hört man dann die negativsten Seiten, von Betroffenen sowie Angehörigen.
Und vielleicht trauen sich auch viele nicht, was positives zu schreiben, weil sie dann runter gemacht werden? Entweder haben sie keine Ahnung oder sind nicht wirklich bipolar - was dann nicht alles auf den Tisch kommt.... irgendwo wartet der erhobene Zeigefinger.
Ich würde dem ein oder anderen gern Mut zusprechen, dann bekommt man zu hören, na Du bist ja nicht betroffen.
"Das Rad neu erfinden..." wurde ja gerade gesagt, möchte ich. Nein will ich nicht, kann ich auch nicht. Aber ich weiß, dass es immer Entwicklung gibt, sonst blieben wir stehen, in der medizinischen Forschung als auch auf anderen Gebieten.
Als ich meine Tochter aus der Klinik abgeholt habe, hat sie mich umarmt und gesagt, wie toll sie es findet, dass ich immer zu ihr stehe, auch wenn sie jetzt "bekloppt" ist und dann haben wir beide gelacht und geweint und ich habe ihr erklärt; normal wäre doch sowieso nichts für uns..... :-).
Dann war sie kurz in der Tagesklinik und ist sehr schnell entlassen worden. Der Arzt hat mir erzählt; er meinte, bei ihnen wäre sie in den besten Händen (bipolar-Spezialist) daraufhin hat sie ihn angelächelt und gesagt, in den besten Händen bin ich, wenn ich bei meiner Familie bin.
Na klar, muss ich mir ständig auf die Zunge beißen, um nicht dreimal am Tag zu fragen, wie es ihr geht - gerade wenn sie unterwegs ist. Nicht nachzuhaken, hast Du Deine Medikamente genommen. Sie im August nach USA (mit Zustimmung der Ärzte) fliegen zu sehen, fällt auch nicht leicht. Ich weiß, sie würde sich kontrolliert, beschnitten und gegängelt fühlen und das zu Recht. Ist ja ihr Leben.
Die bisher größte Meinungsverschiedenheit; sie glaubt in ein-zwei Jahren das Medikament ausschleichen zu können. Ich habe ihr (ob der Meinung hier) gesagt, dass es sein könnte, das dieses Vorhaben nicht machbar ist. Wir haben es open-end gelassen..... schauen wir mal, was die Zukunft bringt.
Interessant wäre zu erfahren, ob es vielleicht auch an den Generationen liegt. Vielleicht haben ja die jüngeren Betroffenen verständnisvollere bzw. aufgeklärtere Eltern?
Und auch, wenn es manchmal nervt, ich denke, Angehörige die sich hier anmelden, haben zunächst nichts Schlechtes im Sinn. Sie wollen sich informieren, sind wahrscheinlich manchmal aus Unwissenheit naiv - meinen es aber nicht böse. Gebt ihnen bitte eine Chance.
Auf jeden Fall, wünsche ich jedem Betroffenen Unterstützung - egal ob von Angehörigen oder von jemand anders. Ich stelle es mir fürchterlich vor, mit einer schweren Erkrankung (egal welcher) allein zu sein.
Liebe Grüße