Hallo zyklothym,
eigentlich wollte ich in diesem Baum nicht mehr schreiben, aber du sprichst mir hier in vielem aus dem Herzen. So versuche ich's noch einmal.
zyklothym schrieb:
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> Die Unmeßbarkeit von Gefährdung als Grund für
> vorsorgliche Entmündigung zu verwenden, das ist
> ein Totschlagargument. Ein
> "Gefährder" ist lt. Gesetz jemand, von dem man
> *annimmt*, dass er eine Gefahr darstellt. Im
> Ernstfall ist der Nachweis unmöglich. Und damit
> ist Willkür Tür und Tor geöffnet.
Damit war auch der von mir erlebten Willkür der Nachbarn und der von ihnen herbeigerufenen Polizei zur Klinikeinweisung Tür und Tor geöffnet. Eigen- und Fremdgefährdung lag nicht vor.
> Die Menschenrechte sind nie ein Totschlagargument.
Unbedingt!
> Die Stellungnahmen internationaler Gremien wie
> Europäische Kommission für Menschenrechte,
> Vereinte Nationen etc.pp. sind nicht zweideutig.
siehe auch: UN-Behindertenrechtskonvention und ihre wann erfolgende? Umsetzung in einem der reichsten, demokratischsten Länder der Erde - Deutschland
> Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt
> einen Bipolaren persönlich kenne, der noch keinen
> Suizidversuch hinter sich hat.
Ich kenne auch keinen solchen persönlich.
> Ändern kann ich das nicht. Damit umgehen muss man
> aber. Bipolare untereinander machen das gerne mit
> schwarzem Humor. Ich habe nie so viel über den
> Tod gelacht, wie mit anderen Bipolaren. Es gibt
> kaum was Erleichternderes zu diesem Thema. Mit
> nichtbetroffenen Angehörigen ist sowas nie
> möglich.
Reden mit den eigenen Angehörigen wäre wünschenswert und wichtig, wieder und wieder und wieder. Gerade wenn es um die Kinder Bipolarer geht, die auch zu den Angehörigen zählen. Die eigenen Kinder können vieles deutlich machen, von dem was mit den Angehörigen in der Herkunftsfamilie kaum noch zu gehen scheint und auch Verhärtungen aufweichen helfen, wenn wir uns drauf einlassen.
Angehörige und auch Freunde sind vom Suizid des bipolar Angehörigen genau so betroffen, müssen mit diesem Suizid
leben, leiden oft ein Leben lang, haben Schuldgefühle ohne Ende und machen sich Vorwürfe mit der Frage: Hätte ich das verhindern können? Mitunter entwickeln auch sie in Folge eine psychische Erkrankung.
Der Tod ist endgültig. Das macht es besonders schwer.
> Und wenn du dir einbildest, du könntest
> *irgendjemanden* zum Leben zwingen, dann lebst du
> aber in einer Traumwelt.
Zwingen geht ganz sicher nicht. Stattdessen verlässlichen kontinuierlichen Kontakt immer wieder anbieten, behutsam deutlich machen, dass es nicht um Zwang geht, sondern um verstehen wollen, um mitfühlen, um ein kontinuierliches Da-sein auch über die gerade akute suizidale Krise hinaus.
> Bilanz-Suizide besonders hoch. Das sind die, die
> nicht im Affekt begründet sind, sondern in einer
> Lebensbilanz, die für den Betroffenen besonders
> negativ ausfällt.
Ich habe einige Jahre an einem Beratungstelefon gearbeitet und öfter Mal mit Menschen gesprochen, die einen Bilanz-Suizid ins Auge fassten. Deren Lebensbilanz fiel bei weitem nicht nur negativ aus. Manche waren lebenssatt und hatten einen realistischen Blick auf ihr Leben. Da konnte ich ihnen gegenüber nur eines leisten: zuhören, manchmal ging noch aktives zuhören. Manchmal kamen sie an der einen oder anderen Stelle zum Überlegen bei meiner konketen Nachfrage. So lange sie noch einmal anriefen wollten, um zu reden, war schon viel erreicht.
Mein Ziel konnte gar nicht sein, sie zum Leben zu "zwingen".
mir dabei zu
> helfen, mich - von meinen Angehörigen -
> abzugrenzen. Ansonsten würde ich heute ohne
> Familienkontakt leben (also gänzlich).
Das freut mich.
Ich habe es mit meiner weiteren Herkunftsfamilie leider nicht geschafft.
> Ein wichtiger Satz:
> Gut gemeint ist nicht gut getan.
So ist es.
In den Momenten,
> wo meine Angehörigen die Führung über mein
> Leben übernommen haben, habe ich zum Teil
> schmerzhaftere Verluste erlitten, als in meinen
> Phasen/durch meine Phasen. Sowas ist schwer zu
> verzeihen.
Das tut mir leid.
Wenn überhaupt.
> Ein wirklich wohlgemeinter und von Herzen
> kommender Rat: Bei erwachsenen Kindern das
> Erwachsensein stärken und zu eigenen
> Entscheidungen ermutigen und sich zurückziehen.
Auch hier: So ist es!
> Wir haben die gleichen Rechte, wie andere. Sie
> werden uns nur verwehrt.
Andere sind es schon länger gewohnt, diese Rechte einzufordern. Wir sind dabei, es zu lernen. Voraussetzung ist natürlich, sie zu kennen.
> Ich stehe auf keiner Gegenseite.
:)) Ich auch nicht.
LG
S.