Hallo zuma,
wieviele Menschen mögen unter den Krankehauspatienten gewesen sein, die ertrugen, sich nicht beschwerten, aber dennoch unter einem Kliniktrauma leiden? Ich habe mich damals auch nicht beschwert, aber nicht, weil ich dachte, dass das, was mir passiert ist, nicht der Rede wert war, sondern weil ich gerade die Erfahrung gemacht hatte, dass mir eh nicht so geglaubt wurde und meine Empfindungen runter gespielt wurden. So sah ich keine Chance in einer Beschwerde, bzw. wusste auch nicht, wo ich mich hätte hinwenden können.
Natürlich stimmt auch, dass viele die gute oder zumindest befriedigende Erfahrungen gemacht haben, sich ebenso nicht melden, da sie es als selbstverständlich empfunden haben. Zudem kommt es noch darauf an, mit welcher Diagnose und in welcher Verfassung man eine Klinik betritt.
Doch jeden Menschen, den ich kennen gelernt habe, mich mit eingeschlossen, der beängstigende und unwürdige Erfahrungen durchleben musste, ist einer zuviel. Und diese Probleme müssen angesprochen werden, müssen auf den Tisch gelegt werden, damit genau daran gearbeitet werden kann, dass solche grob-fahrlässige Fehler nicht mehr passieren.
Den Ruf einer oder mehrere Kliniken haben nicht die traumatisierten Patienten zu verantworten, sondern die Kliniken selbst.
Eine somatische Klinik muss sich auch ihren Fehlern stellen, warum nicht auch eine Psychiatrie? Und was macht es mit einem Menschen, der wehrlos etwas ertragen musste, völlig hilflos dem Ganzen ausgesetzt war und dem man weder in der Klinik ernst nimmt, noch von den Selbstbetroffenen? Die Würde des Menschen wird dadurch noch einmal mehr mit Füßen getreten.
Um etwas verändern zu können müssen die Probleme benannt werden. Nur so kann man an Alternativen arbeiten. Verteufeln, hilft da sicherlich auch wenig, aber ein aufeinander zugehen und den anderen ernst nehmen und Verständnis zeigen, das wäre der Erste Schritt meiner Meinung nach, um erstens sich mit seiner eigenen Geschichte etwas versöhnen zu können und zweitens um wirklich an einer Änderung zum Besseren arbeiten zu können.
Auf ein klärendes Gespräch musste ich 5 Jahre warten, aber als es stattgefunden hatte, konnte ich damit wesentlich leichter umgehen. Für die Meisten aber, gab und gibt es nie ein klärendes Gespräch, was vor allem einen in seinen Empfindungen auch ernst nimmt.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.03.17 18:36.