Hallo ihr Lieben.
Ich schreibe euch, weil ich mich, wegen meiner Erkrankung, gerade etwas einsam fühle. Ich hatte in den vergangenen 2 Jahren sehr viel Stress. Besonders in den vergangenen 16 Monaten war es schlimm, allerdings habe ich mir das auch zum Teil selbst eingebrockt. Danach bin ich richtig krank geworden, das heißt 6 Wochen Grippe. Als es mir besser ging, fiel mir nach einiger Zeit auf, dass ich in einer Ultra Ultra Rapid Cycling Phase war. Die viele Arbeit und die anschließende Grippe hat vieles überlagert.
Ich bin zu meinem Psychiater (der zuerst 2 Wochen in Urlaub war - super Timing :P), Krankschreibung, Schlaftabletten und allen überflüssigen Balast über Bord.
Seit ich wieder schlafe und der Leistungsdruck weg ist, wird es besser. Und eine Depression kündigt sich nicht an. Klopf auf Holz, ich habe schon einmal eine Hypomanie ausgebremst ohne in eine Depression zu rutschen :)
Bei mir ist es so, dass in der Hypomanie meine Zündschnur so kurz ist, dass ich mit überlegtem und reflektiertem Verhalten nicht hinterher kommen kann. Ich habe meine Familie und engsten Freunde gewarnt und sie haben auch gut darauf reagiert. Aber die Wahrnehmung ist trotzdem eine andere.
Gerade mischt sich manchmal das von mir gewählte Verhalten mit dem Impulsiven der Hypomanie. Vor allem das Uncharmante wie Rechthaberei, Ungeduld usw. Inzwischen nehme ich auch die Reaktion der Anderen besser wahr und bekomme zum Teil auch mal eine Retourkutsche.
Mein Verhalten ist nicht mehr so drüber, dass es als krankheitsbedingt wahrgenommen wird, aber kommt zum Teil trotzdem noch daher.
Zum Beispiel die Rechthaberei. Habe ich sonst gut unter Kontrolle aber in der HyMa verselbstständigt sich das. Ich merke das, wenn überhaupt, zu spät. Und es macht mir auch erst etwas aus wenn ich aus der Phase rauskomme, vorher is mir das wurscht! Jetzt kam der Kommentar das ich meine Rechthaberei mal in den Griff bekommen soll. Ich weiß, dass das durch die Krankheitsphase kommt, zumindest das es unangenehm auffällt.
Aber mein Gegenüber sieht das nicht. Es war halt in letzter Zeit schlimmer... Ich will nicht mein Verhalten nicht mit der Krankheit entschuldigen und auf keinen Fall, dass meine Liebsten gleich meine Erkrankung im Kopf haben.
Ich habe diese Krankheit seit Kindesbeinen an. Ich kenne keine Welt ohne. Behandelt werde ich erst seit meinem 28. Lebensjahr. Und der Vorwurf von "unangenehmen Sozialverhalten" (meine Worte) erinnert mich so an die langen Jahre, als ich mein Verhalten ändern wollte aber es einfach nicht konnte. So sehr ich es auch versucht habe. Ich dachte, ich bin zum Teil einfach charackterlich ein Arschloch und muss mich damit abfinden.
Die Person weiß nicht das so eine Äußerung das in mir hochholt.
In meinem Umfeld bin ich die Einzige mit dieser Erkrankung. Ich sitze hier auf meiner einsamen Insel und diese Konfrontation mit meinem Verhalten von früher tut einfach weh!
Sorry das ich euch so ein Ohr abgekaut habe aber ich muss das einfach jemandem erzählen der sowas kennt.
Weiblich, mitte 30, Bipolar II mit ultra ultra Rapid Cycling, Mischphasen, euphorischen und dysphorischen Hypomanien, typischen & atypischen Depressionen und ADS.
