Hallo zorro,
du schreibst ein par Dinge, die ich nicht unkommentiert lassen möchte:
>
> Ich selbst halte solche genetischen Analysen
> gerade wenn es um psychische Erkrankungen geht als
> sehr zweifelhaft.
Beim *momentanen* Stand der Forschung stimme ich dir da unumwunden zu. Man hat bisher im Großen und Ganzen nur eine sehr nebulöse Vorstellung davon, wie die Gene die Psyche formen oder formen können. Da muss man natürlich skeptisch sein.
Dieser Nebel wird sich aber mehr und mehr klären, die Zweifel werden sich auflösen. Ob wir das noch erleben vermag wohl niemand zu sagen, aber es wird der Tag kommen, an dem es nicht mehr vernünftig ist, genetische Untersuchungen hinsichtlich der Psyche für zweifelhaft zu halten.
> Kann es dazu führen, dass man
> die psychische Erkrankung nur auf die genetische
> Konstellation reduziert und andere Faktoren ausser
> acht läßt. Letzend war ja noch Auslöser der BS
> ein Thema hier im Forum, d.h., sowie eine
> Psychologin mal in einem Vortrag sagte, bedarf es
> auch immer eines Auslösers der zur BS führt.
Und wieder stimme ich Dir absolut zu. Die Forschung im Gesamten hat dieses Problem längst erkannt und es gibt bereits eine Wissenschaft, die sich mit einem der Bindeglieder zwischen Gencode und äußerem Einfluss befasst: Die Epigenetik.
Einfach ausgedrückt gehts dabei um die Aktivität unserer Gene und wie diese sich durch den Lebenswandel verändert. Denn das tut sie! Abhängig davon, was wir im Leben so tun (bspw. was wir essen oder nicht essen) schaltet unser Körper verschiedene Gene an und ab. Und das unter Umständen dauerhaft und dann wird das sogar vererbt.
Andersrum ausgedrückt: Wir sind unseren Genen lange nicht so ausgeliefert, wie das oft den Anschein hat. Man weiß leider nur noch nicht genug über die epigenetischen Vorgänge, um das sinnvoll u. effektiv in der Therapie einzusetzen.
Dennoch bleibt die sehr reale Hoffnung, dass der Zusammenhang zwischen Genom und äußerem Auslöser epigenetisch "festnagelbar" ist.
Summa Summarum:
Die Genomforschung ist keine Einbahnstraße, die uns mit in Stein gemeißelten Resultaten jedwede Hoffnung zertrümmern wird, sondern im Gegenteil schlicht einer der notwendigen Grundpfeiler, auf dem das Verständnis der Verbidnung zwischen Körper und Geist entsteht, welches wir dann für uns und gegen die BS werden nutzen können.
Naja, oder eher nachfolgende Generationen. Das dauert halt....
> ich frage mich ob es der Genesung des Erkrankten
> förderlicher ist, wenn die Umwelt (Angehörige
> und Behandelne) in irgendeiner Weise auffangen
> können, statt von irgendwelchen Genen zu
> sprechen. Letzteres würde in meinen Augen den
> Betroffenen in seine Krise nur verunsichern.
Sicher, da braucht es eine sanfte Hand und das richtige Timing.
Allerdings muss man auch sagen: Wer "von irgendwelchen Genen redet", der hat die Genetik schlicht falsch verstanden.
So steinern und endgültig, wie uns das oft erscheint, isses nämlich ganz und gar nicht.
> Wie gesagt, ich finde man sollte gerade wenn es um
> psychische Erkrankungen geht, solche genetische
> Analysen nicht überbewerten. Gerade wenn die
> breite Öffentlichkeit wieder mal in den Medien
> liest: Man hat bei der Krankheit xy das Gen xy
> gefunden.
Jupp, das geht ziemlich in die falsche Richtung.
>
> Auch bei der Diskussion von genetisch vererbaren
> körperlichen Erkrankungen kam ja anfangs auch die
> Frage auf, wie man mit dem neuen Wissen umgehen
> soll. Und viele die an den verschiedenen
> körperlichen Erkrankungen leidenen haben sich
> vehement dagegen gewährt das Wissen derart zu
> nutzen, um jede genetische Erkrankung auszumerzen.
> Damals stand ja plakativ der Spruch im Raum:
> Krankheiten gehören im Leben dazu.
Mit Verlaub, das halte ich für eine ziemliche Dummheit.
Krankheiten sind zwar ständig im Leben, aber eine Dazugehörigkeit von "kosmischer" Gültigkeit gibts da ganz bestimmt nicht.
Da haben ganz klar ein par Leute aus Mangel an Vorstellungsvermögen aufgehört zu denken. Das ist nicht als Angriff zu verstehen, ich kann mir nur schlicht nicht erklären, wie man sonst auf so eine Einstellung kommt.
>
> Auf der anderen Seite zeigt sich natürlich heute
> auch aufgrund der fortschreitende pränatalen
> Diagnostik, wie schnell die Eltern geneigt sind
> einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen.
Empfindest du das als was Schlechtes?
My 20 Cent
Phoenix
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Von Aschenputer bis Napalmdrossel.
Männlich, 37, Bipolar 2, Pregabalin 150mg