das innere Gleichgewicht - wo es überhaupt beginnt

13. 05. 2016 16:33
Leute, ich habe Anfang Mai mit einem Wendu-Kurs angefangen. Das ist ein Selbstverteidigungskurs für Frauen. Wir machen auch Selbstbehauptung und Rollenspiele. Einmal sollten wir uns zu zweit gegen einen Angreifer wehren. Den Zuschauerinnen fiel auf, dass ich freundlich blieb, bis meine Partnerin angepöbelt wurde. Da erst wurde ich ernst und zu so einer Art Löwenmutter. Das ist mir so auch nie aufgefallen, wenn ich mich wehren sollte, ich wollte früher auch lieber Frieden als Streit, selbst wenn mein Nein gerechtfertigt war. Das ist ein Überbleibsel meiner Erziehung: "Erst kommen die anderen an die Reihe. Du bekommst zum Schluss." Das habe ich auf alle Lebensbereiche bezogen.

Ich glaubte irgendwann, die anderen sind alle privilegiert. Wegen denen bleibe ich in der Fußgängerzone stehen, damit sie einen Weg an mir vorbei finden. Die Privilegierten kommen vor mir an die Kasse. Sie schnappen mir den letzten Parkplatz weg. Dass das ja auch falsch ist, genau wie das andere Extrem, der Egoismus, ist mir bei dem Kurs klar geworden. Es heißt ja in der Bibel: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", nicht weniger, aber natürlich auch nicht mehr! Voraussetzung, ich liebe mich, die ist bei jedem Menschen gegeben. Nur wie verhält er sich. Überlässt er anderen etwa die Vorfahrt, in der Angst, der fährt gleichzeitig los und mir dann in die Seite, oder weil der nicht langsamer wird und wirklich vorbei fährt, bleibt er vor dem Bürgersteig stehen, obwohl die Ampel inzwischen rot ist, weil ein Radfahrer rüber fährt, ja, dann hat derjenige ein Problem. Er nimmt andere Menschen wichtiger als sich selbst.

"Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu" geht so ein Spruch, wahrscheinlich von Wilhelm Busch, meine Mutter hat den so zitiert. Aber es heißt doch auch, man soll den anderen nicht so viel Freiraum geben, dass man dadurch zulässt, die eigene Freiheit zu beschneiden. Den anderen Gelegenheit zu geben, mich zu behindern, ist genauso falsch, wie andere dadurch zu behindern, dass ich nicht aus dem Weg gehe oder den Radfahrer zum Anhalten zwinge. Das sind jetzt alles nur Beispiele aus dem Straßenverkehr. Das mag alles noch einfach sein und Sinn machen.

Sind wir bei zwischenmenschlichen Beziehungen: Wir wurden früher und werden heute immer wieder mit wichtigen Sachen betraut, die die Schwiegermutter braucht, spielen mit ihr Mensch-ärgere-dich-nicht, damit sie nicht ganz allein ist, bekommen unnütze Dinge angeboten und angebeten, die doch mit zu nehmen, haben den Eindruck, unser Nein kommt als unhöflich oder undankbar rüber. Ich habe das Gefühl, jetzt gelte ich als undankbar und unhöflich, eine Bitte abzuschlagen. "Bitte nehmt das Bild! Ich brauche es doch nicht mehr!" Nein danke, wir brauchen das auch nicht. Je mehr Krimskrams man hat, umso mehr Messietum entwickelt sich doch.

Das innere Gleichgewicht kann durch Lithium & Consorten zu einem gewissen Grad hergestellt werden, aber das Gleichgewicht, das ich hier meine, das gesunde Gleichgewicht (im Universum) zwischen eigenen Bedürfnissen und denen anderer, die etwas nicht weg werfen wollen und lieber verschenken als verkaufen, oder mit den Beispielen im Straßenverkehr (hier als Fußgänger), das muss ich anders herstellen, da wird es keine Pillen geben, die mir helfen. Das muss ich so mit dem Kopf hinkriegen. Vielleicht geht es einigen ähnlich.

bi-polare Grüße
Bipolara

bipolar1, Autorin, Hobby-Fotografin u. -Komponistin

Nicht nur ich leide unter meiner Krankheit. Die anderen tun es auch manchmal.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.05.16 16:38.
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das innere Gleichgewicht - wo es überhaupt beginnt

Bipolara 970 13. 05. 2016 16:33

Re: das innere Gleichgewicht - wo es überhaupt beginnt

elias 424 13. 05. 2016 17:37

Re: das innere Gleichgewicht - wo es überhaupt beginnt

SilverPhoenix 329 19. 05. 2016 01:17

Re: das innere Gleichgewicht - wo es überhaupt beginnt

elias 494 19. 05. 2016 10:05

Re: das innere Gleichgewicht - wo es überhaupt beginnt

Bipolara 445 19. 05. 2016 10:44



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