PS:
Und um die ungestellte Frage gleich zu beantworten - ich zähle nicht zur Wattebauschfraktion.
Ich empfehle harte Medikamente, weiss, wie es ist, auf dem Zahnfleisch zu krabbeln und sich depressiv zur Arbeit zu schinden, schlage oft Trennungen zumindest auf Zeit vor, wenn es keine sonstige Möglichkeit gibt, eine für einen oder beide unerträgliche Situation zu verändern. So oft, dass manche meinen, das wäre bald mein einziger Rat überhaupt. (Was nicht stimmt, ich bin auch oft gegen eine Trennung, nur weil eine Situaton schwierig ist. Mir ist klar, welche Verletzungen eine Trennung mit sich bringt...)
Und da ich selbst von Geburt an auch Angehöriger bin, habe ich oft auch eine Engelsgeduld im Umgang mit Angehörigen. Aber ich sage trotzdem mehr oder weniger klar, was mein Eindruck ist.
Mein Eindruck bei dir ist - du willst eine Antwort, die dir passt.
Du willst wahrscheinlich am Liebsten hören, dass es an ihr liegt, wie gut es ihr geht.
Oder, dass es ihr besser geht, wenn du weniger tust.
Beides ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit einfach falsch bzw. nicht zutreffend.
Du kannst im Prinzip nur das, was ist erträglicher machen. Oder eben nicht.
Aber durch etwas, was du tust, kannst du sie nicht dazu bringen, dass sie ihre Krankheit verändert. Weil das niemand kann. Entweder schafft es eine Behandlung, und sie ist in Behandlung, oder eben meist gar nichts.
Wobei Medikamente oft den allerallerallergrößten Unterschied machen und trotzdem oft nur sehr unzufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Mit denen man sich manchmal auch einfach abfinden MUSS.
Das ist keine Krankheit, die man heilen kann oder für die es auch nur irgendeine sicher wirkende Behandlung gibt, Es gibt nur Möglichkeiten, und manchmal hilft auch einfach nichts und es bleibt ein sehr kranker Zustand, bei dem nur die Verbesserung zum vorigen kranken Zustand wirkliche Bedeutung hat.
Das ist auch einer der Gründe für die vielen Verrentungen wg. 100% Erwerbsminderung durch diese Krankheit.
Das ist so, als wenn man eine andere unheilbare aber behandelbare Krankheit hat, bei der es dem Kranken mehr oder eben auch weniger besser geht durch die Behandlung oder eben auch nur ein etwas erträglicherer Zustand dabei herauskommt. Egal was alles probiert wurde.
Ich verstehe nicht, was in vielen Angehörigen vorgeht. Bipolare Störung ist die tödlichste psychische Krankheit, unheilbar und die am stärksten mit Genetik assoziierte obendrein mit einer starken biologisch-genetisch-neurologischen Verankerung. Das kann man nicht wegreden oder wegdenken oder durch einfaches Handeln oder Wollen verändern.
Das geht sowenig, wie man durch Tanzen Regen erzeugen kann, oder mit Tüten aufblasen Erdbeben verhindern.
Ziemlich genau so kann man das vergleichen.
Man kann aber einen Regenschirm halten, damit jemand nicht allzu nass wird, oder versuchen einen Seismografen zu entwickeln, der noch vorher Rettungsmaßnahmen möglich macht...
Und da enden die Möglichkeiten eines Angehörigen dann auch schon. Und das soll man auf keinen Fall geringschätzen. Gerade weil es das Einzige ist, was eben möglich ist.
Aber sie verhindern niemals, dass es Regen oder Erdbeben gibt. Schon gar nicht, wenn Regen oder Erdbeben bereits in Gange sind....
Der Bipolare steht in diesem Bild quasi unaufbrechbar angekettet im Regen auf einem aktiven Vulkan. Im Prinzip für immer. Angekettet wie Prometheus und den Stein immer wieder hochrollend ohne sein Runterrollen verhindern zu können, wie Sisyphos...
Man kann begleiten. Da bleiben, Essen bringen, mit ihnen reden, von ihnen lernen, aber sie bleiben, was sie sind.
Wenn man das Zusehen aber nicht erträgt, muss man selbst was entscheiden. Was man tun will.
Das kann der, der dabei gar keine Wahl hat. niemals.
Er kann sich entscheiden, sich zumindest helfen zu lassen. Hat deine Freundin, denn sie ist in Behandlung.
Und da enden auch nüchtern betrachtet die Möglichkeiten, die wirklich was Grundlegendes bringen.
Leider.
LG,
M.