Also mal angenommen, ich entegoisiere meinen Altruismus gänzlich. Dann hab ich ein Helfersyndrom, oder? Oder ist das Helfersyndrom eigentlich der egoistischste aller Altruismen?
Meine Erfahrung ist: wenn ich selbstlos helfe, wie es eben meine Natur ist, weil ich nicht anders kann und eben eine schlechte Geschäftemacherin bin. Dann muss ich mir von anderen sagen, ich sei blöd und lasse mich ausnutzen und merke das noch nicht mal. Hrmpff.
Wenn ich für Hilfe eine Gegenleistung erwarte, dann ist es keine Hilfe mehr, sondern ein Geschäft und ich muss das vorher klar machen. Kann man auch, aber dann muss man es eben wirklich auch so aufziehen.
Warum helfe ich? Weil mir auch schon geholfen wurde. Aus Richtungen, aus denen es nie jemand erwartet hätte. Von Leuten, die nicht so schnell jemandem helfen, aber bei mir ne Ausnahme machen. Gegenleistung wurde von mir auch nicht erwartet. Manche Leute wussten auch gar nicht, wie sie mir geholfen haben. Da reichte manchmal eine Geste und drei Zentner Ballast und Fehlperspektive lösten sich in Luft auf. Einer, in den ich unglücklich verliebt war, sagte mir mal: "Ich bin doch aber nicht der richtige für dich." Wie groß! Er hat das "nichtpassendsein" auf sich genommen und mir damit einen weiteren schweren Dämpfer für mein Selbstbewusstsein erspart, er hat mich damit von unglaublich vielem befreit. Der Mann weiss bis heute nicht, dass er mir damit überhaupt erst ermöglicht hat, mich drei Jahre später auf meinen Mann einzulassen.
Wenn man zurückblickt, dann fallen einem so viele solche Begebenheiten ein, wo Menschen einem selbstlos geholfen haben, das macht einen dankbar und ich freue mich daher immer, wenn ich auch jemandem helfen kann. Aber es darf kein Krampf sein, ich darf mich nicht dazu verpflichtet fühlen müssen.
Geld verleihen z.B. ist so ne Sache. Mache ich sehr, sehr, sehr selten. Hab ich aber letztes Jahr gemacht. Bis jetzt hab ich nichts zurückbekommen. So. Und? Hätte derjenige es in kurzer Zeit zurückzahlen können, wäre er auf meine Hilfe gar nicht angewiesen gewesen. "Beim Geld hört die Freundschaft auf", schreien die Besserwisser. Wieso? Vielleicht fängt sie beim Geld auch erst an? Und bin ich zufrieden, wenn ich den Schuldner jetzt massiv unter Druck setze und er zahlt mir das Geld zurück, obwohl er es eigentlich gar nicht kann und macht dafür wieder wo anders Schulden? Na da hab ich ihm ja dann ganz toll geholfen.
Wenn ich Geld verleihe, verleihe ich nur soviel, wie ich notfalls als Verlust verkraften kann.
Sollte ich das Geld eines Tages zurückbekommen (ich hab ihm gesagt, dass ich nicht möchte, dass er es dauernd thematisiert, weil es sonst dauernd zwischen uns steht und das will ich nicht), werde ich mich für ihn viel mehr freuen als für mich. Ich bin nach wie vor bereit, dem betreffenden Essen zu spendieren, wenn er nichts hat (dabei bin ich dann aber auch so streng und nehme Einfluss drauf, dass es was Gesundes gibt, hehehe). Nach dem vierten, fünften Mal sagte er, er könne das nicht mehr weiter strapazieren und kriegte selber ein wenig den Arsch hoch. Seitdem schreibt er mir ab und zu, wieviel er mit Strassenmusik eingenommen hat. Ich wusste das vorher nicht, aber ich hab gemerkt, genau das war es, was ich eigentlich erreichen wollte. Dass er sich von sich aus, wenn er sich schon nicht sich selber gegenüber verpflichtet sehen kann, mir gegenüber ein wenig verpflichtet fühlt. Das hätte ich nicht erreicht, wenn ich dauernd gesagt hätte: "Denke dran... du musst aber... ich erwarte jetzt... schließlich hab ich..."
Seit ich nix mehr sage, wenn er zu spät kommt, ist er pünktlich. Und das erwähn ich dann aber auch nicht extra, weil das noch beschämender wäre.
Ich schreib das hier, rein. Im richtigen Leben weiss nicht mal mein Mann davon. Ich kann das niemandem erzählen, weil mich alle für verrückt hielten und das keiner versteht. Wenn ich es erkläre, komm ich mir selber so vor, als wolle ich mich als erhabende Wohltäterin oder sowas moralisch über die anderen erheben. Dabei ist es nur so, dass ich aus innerster Überzeugung heraus nicht anders kann, denn er ist ein Freund, verdammt.
Sumosimi
Taat du nee borom djogol, so djoge mu topola.