Hallo zusammen und danke für dieses Forum,
meine Freundin ist "bipolar" und ich frage mich derzeit was ich ihr zumuten darf, oder muss ich alles durchgehen lassen mit der Aussage "Sie ist doch krank"?
Sie ist nun seit ca. 4 Jahren in Behandlung, mehrere Kliniken, Tageskliniken und in therapeutischer Betreuung. Während dieser Zeit wurde dann irgendwann festgelegt, dass sie bipolar ist. Medikamente bekommt sie Ability und Venlafaxin.
Wir sind noch recht frisch, 1 Jahr zusammen. Die in der Krankheit beschriebene Manie habe ich jedoch nie erlebt, keins der Symptome trifft in dieser Form zu. Ist sie nicht depressiv, zeigt sie völlig normales Verhalten. Nur die depressive Phase stimmt ganz genau. Daher bezweifle ich manchmal, dass die Diagnose korrekt ist, aber Einfluss habe ich darauf ja nicht.
Ihr Leben (29 Jahre) ist unabhängig von der Krankheit, unstrukturiert. Kein Beruf, keine eigene Wohnung, wohnt bei alkoholkranke Mama, keine Verpflichtungen, keine Konsequenzen bei Handlungen, wohnt bei Mutter und bekommt monatlich ca. 500€. Alles was sie in der normalen Phase anfängt, wird durch die Depression unterbrochen. Größere Sachen fängt sie zögerlich bzw. gar nicht an, weil sie dann sagt das würde wieder eine Depression auslösen. Zum Beispiel Führerschein machen.
Ist sie nun in der Depression, es geht gar nichts mehr. Alles ist zu viel und alles wird auf die Krankheit geschoben. Zuhause bei Mutter ausruhen, Freundin selbst muss gar nichts machen. Es heißt ja immer sie ist krank. Die kleinsten Kleinigkeiten, wie pflege, kochen, einkaufen, nen Anruf, nichts geht.
Ich habe sie vom ersten Tag an Unterstützt und viel Verständnis aufgebracht, da ich selber vorbelastet bin. Ich habe ihr aber wohl zu viel abgenommen, sie überall hingefahren, eingekauft, renoviert etc. Ich bemerkte langsam die Co-Abhängigkeit.
Ich möchte langsam zur eigentlichen Frage kommen. Nun bin ich der Meinung, Krankheit hin oder her, wenn sie in diesem Umfeld ist, breitet sich die Krankheit aus wie eine Pest. Ich finde, ich müsste doch von einem depressiven Menschen verlangen können, dass der sich die Zähne putzt oder zusammen einkaufen gehen kann? Ich kann doch nicht alles auf die Krankheit schieben.
Sie lebt unabhängig von der Krankheit, einen kranken Alltag. Dass dann die Depression dazu kommt ist eine doppelte Belastung. Für sie und für mich. Ich bin daher der Meinung, dass hier nicht die Krankheit das Problem, sondern ihre generelle Lebenseinstellung bzw. Lebensart das Problem ist.
Sehe ich das grundsätzlich falsch und kann man einer depressiven Person gar nichts zumuten? Oder sollte es in die Richtung gehen, dass sie sich ein Leben aufbaut, in dem es eine Depression deutlich schwerer hat sich auszubreiten?