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Re: Story mit Ende durch Wiederaufnahme?
14. 12. 2012 11:47
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Registrierungsdatum: 15 Jahre zuvor
Beiträge: 2.343
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Hallo Polarbär,
nachträglich meinen herzlichen Glückwunsch zum … Geburtstag.
Den kurzen Spiegel-Artikel schätze ich als einen der ersten in der überregionalen Presse ein,
die jetzt Fakten und Informationen zusammenträgt, um die These zu stützen, dass Herr Mollath
zu Recht zur Unterbringung nach § 63 StGB verurteilt wurde und nach wie vor für die Allgemeinheit
gefährlich ist. Die Zahl der Mollath-Artikel ist bald nicht mehr überschaubar.
In der gestrigen Print-Ausgabe der ZEIT schreiben die Damen Blasberg, Kohlenberg und Rückert
auf den Seiten 2 und 3 einen Artikel mit dem Titel: Ein Kranker wird Held
Wurde der Nürnberger Gustl Mollath in der Psychiatrie weggesperrt, weil er einen Bankenskandal aufdeckte?
Wird mit einem vermeintlichen Justizopfer Wahlkampf gemacht?
Eingangs wird herausgestellt, dass sich seit Wochen die Süddeutsche Zeitung für Herrn Mollath
stark macht. Florian Streibl, der Sohn des früheren Ministerpräsidenten und Rechtsexperte
der Freien Wähler im Landtag, habe für das Thema Mollath eigens einen Mitarbeiter eingestellt,
um zu ermitteln. Zitat:
„Für Streibl ist Mollath ein Glücksfall: Gerade prognostizierte erst eine Umfrage der CSU bei der
Landtagswahl 2013 die absolute Mehrheit. Die Freien Wähler hingegen sind in der Gunst des Volkes
von 14 auf 8 Prozent gesunken. Wenn sie noch etwas retten kann, dann ein handfester CSU-Skandal.“
Der Mitarbeiter Streibls stützt sich auf Papiere des früheren Ministerialrats im Bay. Finanzministerium
Wilhelm Schlötterer („S. ist ein netter, gebildeter Pensionär von 70 Jahren.“), der die Quelle der meisten
Berichte in den Medien wie Deutschlandradio, Süddeutsche Zeitung, SWR, Frankfurter Rundschau sei.
Zitat: „Alle hat er sie mit Informationen gefüttert. Schlötterer wirkt wie berauscht. Er hat eine Mission.“ …
„Die Delegierten der Piratenpartei, der Reporter der Süddeutschen Zeitung – sämtliche Besucher bekunden:
Der Mann klingt vernünftig, absolut normal. Aber können Laien so etwas beurteilen?“
Sodann befassen sich die Autorinnen mit der Person Mollaths und teilen mit, dass dieser ruhig bleibe und
jede noch so harmlose Frage mit einem Verdacht beantworte.
Der Artikel befasst sich weiter mit dem Urteil und den psychiatrischen Gutachten. Die Autorinnen haben wohl
mit dem Chefarzt Dr. Leipziger der Forensik in Bayreuth gesprochen, in der Gustl Mollath untergebracht ist.
„Leipzigers Gutachten beschreibt einen geistig schwer Gestörten, der unzählige Schriftsätze in alle Welt schickt.“
Aus dem Schreiben an die Klinik wird zitiert, wie folgt:
„Ihre skandalösen Vollisolationseinzelerzwingungshaftbedingungen mit psychischer Folter und Nahrung,
die nachweislich zu Körperverletzung führt, konnte und werde ich nicht mehr zu mir nehmen.“
Er habe beschlossen, sich dem „UnrechtSStaat“ zu widersetzen.
Als weitere Gutachter werden Prof. Körber und Dr. Pfäfflin, Leiter der Forensik in Ulm genannt.
Letzterer habe sich der Eingangsdiagnose angeschlossen: „Mollath sei wahnkrank.
Pfäfflin konstatiert aber auch, Mollath sei heute deutlich unauffälliger und angepasster als zu
Beginn seiner Unterbringung.“
Sodann schildert der Artikel in mehreren Absätzen den Ausgang der von Mollath gegen seine
Ex-Frau erhobenen Vorwürfe, den arbeitsrechtlichen Konsequenzen für Petra M., die nach
fristloser Kündigung durch die HypoVereinsbank deren Aufhebung beim Arbeitsgericht und
eine Abfindung von knapp 20.000 EUR erstritt und heute als Geistheilerin (Certified Practioner
by Dr. Frank Kinslow) u. a. Wohnungs-, Haus- und Schlafplatz-Optimierung anpreist.
Im letzten Abschnitt geht es um die Frage, ob die Staatsanwalt Nürnberg seinerzeit aufgrund
der Anzeige von Herrn Mollath genügend tatsächliche Anhaltspunkte (Zitat des Generalstaats-
anwalts Nerlich in Nürnberg: „keine Kontonummern, keine konkreten Beträge, keine Handlungs-
abläufe, nur vage Behauptungen“ für einen Anfangsverdacht hatte, um ein Ermittlungsverfahren
einzuleiten.
Auf die Frage, ob die Staatsanwältin die Angaben im Ordner nicht auf entlastende Tatsachen
hätte stichprobenartig überprüfen müssen, habe Nerlich geantwortet: „Müssen nein, können ja.
Die Entscheidung liegt im Ermessen des Staatsanwaltes.“
Nach 5 Jahren sind jetzt ohnehin alle Akten zu dem Fall vernichtet.
Zum Schluss wird mitgeteilt, dass Herr Mollath drei Vollmachten, die der ausgewiesene Experte
für Wiederaufnahmeverfahren im Strafrecht, der Rechtsanwalt Strate aus Hamburg, zu einem
Besuch Mollaths in Bayreuth mitbrachte, nicht unterschrieben hat.
Der Artikel endet mit zwei Fragen:
„Will Mollath gar keine Wiederaufnahme?
Hat er sich in der Rolle des Märtyrers der bayerischen Strafjustiz eingerichtet?“
Meine Meinung: Der Generalstaatsanwalt hat wohl angedeutet, dass noch vor Weihnachten
beim zuständigen Landgericht ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt werden wird.
Dann kann ggf. bei Eröffnung eines derartigen Verfahrens überprüft werden, ob Herr Mollath
nach den Anlasstaten heute noch eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt. Schon jetzt ist
eine Presseberichterstattung mit Auswüchsen wie beim seinerzeitigen Kachelmann-Prozess
vorprogammiert.
Wer jetzt noch nicht erschöpft ist, kann sich das Update von Gariele Wolff:
Der Fall Gustl Mollath: Rosenkrieg und Versagen von Justiz & Psychiatrie II
zu Gemüte führen. Lesenswert, was alles passieren kann, wenn eine aus meiner Sicht mit
einem befangenen Vorsitzenden bestetzte Strafkammer einen querulatorischen Menschen
unter Verletzung des rechtlichen Gehörs mittels dürftiger Gutachten wegen Gefährlichkeit
für die Allgemeinheit nach § 63 StGB für jetzt bald 7 Jahre in der Forensik unterbringt.
Gruß
cum grano salis
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.12.12 11:53.
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