Liebe Katha !
Wie gesagt hatte ich gestern schon an dich geschrieben. Die ersten Gedanken sind oft die besten.
Deine Situation erinnert mich an meine eigene, als ich 19 war. Damals hatte ich meine erste schlimme Depression.
Du bist hier in einem Forum, in dem sich vorwiegend manisch depressiv erkrankte Menschen unterhalten und austauschen. Du weißt nicht weiter und hast einfach geschrieben. Das war richtig.
Es passiert sehr häufig und gerade auch vermehrt den Mädchen, dass sie in diesem Alter oder auch früher in eine solche Gefühlslage kommen. In dieser Zeit geschieht so viel neues, dass man schnell glaubt, das alles nicht schaffen zu können.
Du hast , wie du geschrieben hast mehrere Gründe für deine scheinbar aussichtslose Situation.
Dein Freund hat sich außer Reichweite begeben, die Ausbildung ist Mist und verschiedene Leute machen dich schlecht.
Das erst mal ist ein Zeichen dafür, dass dein schlechtes Gefühl tatsächliche Ursachen in deiner Umgebung hat.
Als ich 18 war stand ich in meiner ersten Ausbildung, der Gedanke daran in diesem Job ein Leben lang arbeiten zu müssen (als Krankenpfleger im Dreischichtsystem), war schrecklich. Durch meine Arbeit brachen alle Verbindungen zu meinen Freunden ab, denn das Schichtsystem auf der Intensivstation machte eine Planung meiner Freizeit unmöglich. Mal Frühdienst, am nächsten Tag Spät- und am übernächsten wieder Frühdienst usw..
Mir ging es immer schlechter und der Gedanke um 5 Uhr morgens zur Arbeit fahren zu müssen war schrecklich.
Ich quälte mich aus dem Bett und sah in den Augen meiner Eltern: ?Na nu mach doch schon, wir mussten da auch durch!?
Eines Tages war es so schlimm, dass ich eine Packung eines Medikamentes mitnam und alles auf einmal schluckte.
Am nächsten Morgen war ich total unfähig zu sprechen. Meine Mutter brachte mich zu einer Psychologin.
Mit der kam ich nicht klar, sie war mir unsympathisch. Später geriet ich an einen Krankenhausseelsorger.
Dieses Gespräch war einmalig und ist in meinem Gedächtnis geblieben.
Er sagte nur: ?Das, was du jetzt durchmachst, habe ich genau so erlebt. Ich weiß keinen Rat, aber diese scheinbar ausweglose Situation wird in deinem Leben wichtige Spuren hinterlassen. In einiger Zeit wird es dir besser gehen, aus dieser miesen Erfahrung heraus wirst du in Zukunft besser auf dich acht geben und spüren, was wichtig für dich ist. Du wirst auf dich achten und auf dich hören und wenn dir jemand Steine in den Weg legt, wirst du sie wegräumen.?
Ich dachte, da hast du mir ja sehr ?geholfen?.
Zur Zeit geht es dir beschissen und du möchtest dich am liebsten umbringen.
Einfacher ist es am Leben zu bleiben, denn es wäre schade, wenn ich nicht mehr alles das erleben könnte, was ich seit meinem 18. Lebensjahr erlebt habe. Es war viel Mist dabei, aber letztendlich hat für mich jeder Abschnitt einen Sinn, denn daran kann man eben wachsen. Ich bin jetzt 34 und fühle mich gut, die Hürden konnte ich nehmen und du wirst sie auch nehmen.
Dazu brauchst du jetzt Geduld, denn diese schlechten Gefühle gehen vorbei. Es wird sich eine Lösung ergeben und das braucht leider Zeit. Jetzt rate ich dir, dich im Extremfall lieber krankschreiben zu lassen, als dich umzubringen, diese Lösung gibt dir Zeit, Hilfe in Anspruch zu nehmen und die Chance das Leben wiederzufinden.
Vielleicht hat dein Freund gespürt, dass du schlecht drauf bist, die meisten Menschen halten schnell Abstand, wenn sie Traurigkeit sehen. Sie wollen nicht mit runter gezogen werden.
Was jetzt in deinem Kopf geschieht ist unbeschreiblich grauenhaft, man fühlt sich hilflos und schuldig.
Kein gutgemeinter Rat erreicht deine jetzige Welt, aber mein Mitgefühl hast du, denn ich kenne dieses Leiden sehr genau.
Das Wichtigste ist, es geht vorbei und hinterläßt dir nützliche Spuren für dein Leben.
Alles Liebe von
