> 10 Jahre Erfahrung mit Lithiumcarbonat (Quilonum retard)

10. 11. 2007 09:46
harmony schrieb:

> Hallo erstmal!Ich bin harmony!Bin erst seit heute beim Forum
> und muss erst mal sehen wie das hier so alles von statten
> geht.Ich bin seit 2004 an Depressionen erkrankt.Dazu kommt noch
> eine Angststörung.Seitdem nehme ich Remergil,aber das hilft
> nicht wirklich.Habe vor einiger Zeit meinen Psychiater
> gewechselt,seit dem habe ich zwei neue medikamente
> genommen.Diese habe ich aber nicht vertragen.Jetzt soll ich
> Quilonum nehmen und genau da liegt auch mein Problem.Ich habe
> schon einige schlechte Erfahrungen mit Nebenwirkungen gemacht
> und jetzt habe ich Angst davor!Ich will es mal so
> ausdrücken;ich weis nicht wie ich das Zeug durch den Hals
> kriegen soll,ohne anschließend sofort eine Panikattake zu
> bekommen!Bin ständig hin und her gerissen und unschlüssig was
> ich machen soll.Zudem merke ich das meine Stimmug und meine
> Energie wieder schwindet,aber meine Familie kann ich damit auch
> nicht dauernd belasten,also muss ich sehen wie ich mit meinen
> Phasen fertig werde,aber das raubt mir bald die letzte
> Kraft.Meine Ärztin sagt das ich mit Quilonum stabilität
> bekommen kann,aber das Zeug ist ja nicht gerade
> Traubenzucker.Wer kann mir dazu seine Erfahrungen mitteilen,ich
> weis echt nicht was ich machen soll.

Hallo Harmony,

ein schöner Nickname in einem häufig disharmonischen Forum.

Du beschreibst mit Deinen Worten, was ich vor mehr als Jahre ähnlich
erlebt habe: Über Jahrzehnte nicht richtig diagnostiziert und zweimal
mit tri- und tetrazyklischen Antidepressiva (ohne Stimmungsstabilisierer)
in eine Hypomanie und Manie geraten.

Durch die schlechten Erfahrungen mit Antidepressiva habe ich nach richtiger
Diagnose manisch-depressiv (Bipolar II) wegen der Auskunft des Arztes:
"Sie müssen ihr Leben lang Lithium nehmen", die Medikation verweigert
und erst 2 Jahre nach der heftigsten Episode (Psychose) mit der regelmäßigen
Einnahme begonnen. Anfangs waren die Wassereinlagerungen und der Harn-
Drang enorm, sodass das Lithium abgesetzt werden sollte. Aber so stur, wie
ich mich geweigert habe, Medikamente einzunehmen, habe ich dann darauf
bestanden, dass die Medikation fortgesetzt wird. Die Wirkung des Medikaments
setzte bei mir etwa nach einem halben Jahr ein. Anfangs 4 Tabletten (entspricht
1.600 mg Lithiumcarbonat). Nach Lieferschwierigkeiten von Hypnorex retard
nehme ich seit einigen Jahren 2 Tabletten Quilonum retard pro Tag (900 mg
Lithiumcarbonat) mit einem Lithiumspiegel von 0,5 bis 0,6 mmol/l, der regel-
mäßig kontrolliert wird. Das bewegt sich am unteren Spektrum des therapeu-
Tisch wirksamen Fensters. Zu Beginn der Behandlung sollte der Spiegel bei
1,0 ? 1,2 mmol/l im Blut liegen. Wichtig ist allein der Lithiumspiegel im Blut,
nicht die Menge des eingenommenen Wirkstoffs. Da sollte überprüft werden,
mit möglichst wenig Einsatz des Wirkstoffs den therapeutisch wirksamen
Bereich zu erzielen.

Die Zeiten der schrecklichen Achterbahnfahrten mit Suizidgedanken in den
tiefen Depressionen sind vorbei. Meine Stimmungsschwankungen bewegen
sich im "normalen" Bereich, wenn auch Familienmitglieder gelegentlich
darauf hinweisen, dass ich aus einer Mücke einen kleinen Elefanten machen
kann. Aber ich arbeite dran, Stress zu vermeiden und es erst gar nicht so weit
kommen zu lassen. Außerdem achte ich auf ausreichenden Schlaf. Nach
gelegentlichen Durchschlafstörungen lasse ich mindestens die Hälfte der
geplanten Tagesaktivitäten weg. Das ist für Berufstätige natürlich kein
Patentrezept. Da sollte man mit dem behandelnden Arzt sprechen,
auf welchem Weg gesunder Schlaf unterstützt werden kann.

Ich nehme nun im 11 Jahr (Hypnorex bzw. Quilonum retard) mit Erfolg ein,
denn Suizidgedanken sind seitdem nicht wieder vorgekommen.

Als Nebenwirkungen kann ich berichten:

Gewichtszunahme noch im Krankenhaus 12 kg (zunehmender Appetit),
insgesamt in 10 Jahren 25 kg. Im Juni vergangenen Jahres habe ich wieder
begonnen, Rad zu fahren, seitdem 4.000 km zurückgelegt und dabei 10 kg
abgestrampelt. Gelegentliche Rückfälle in alte Verhaltensweisen kommen vor.
Aber ich arbeite dran, durch mäßige und gesunde Ernährung, Gymnastik und
Bewegung als Bestager (55 +) fit zu bleiben.

Anfangs zeigte sich als weitere Nebenwirkung eine Schilddrüsenunterfunktion
(Hypothyreose), die durch Einnahme einer Tablette Thyronajod 50 ausgeglichen
wurde. Bei der letzten Kontrolluntersuchung beim Endokrinologen (alle 2 Jahre)
zeigte sich, das die Schilddrüse wieder normal arbeitet und die zusätzliche Medikation
nicht mehr erforderlich ist.

Nach Aussage von Fachleuten ist Lithium bei mehr als 50 % bipolar Erkrankter
das Mittel erster Wahl. Ich gehöre zu den Glücklichen, bei denen es ohne weitere
Medikamente wirkt. Zu anderen Medikationen kann ich aus eigener Erfahrung
nichts berichten, empfehle aber, die Einnahme der Medikamente ausführlich mit
dem Facharzt zu besprechen und bei auftretenden Nebenwirkungen abzuwägen,
ob die Behandlung damit fortgesetzt oder andere Medikamente zum Zuge kommen
oder anderweitige Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Im übrigen bin ich der Meinung, dass jeder Mensch anders auf Ärzte und Medikamente
reagiert. Mit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, Geduld und Ausdauer, auch
bei Rückfällen, die trotz genauester Einhaltung der medikamentösen Planung in
ca. 50 der Fälle vorkommen, kann man wieder zufrieden leben mit einer Kombination
aus Medikamenten, Psychotherapie und eigenem Tun, das man als eine Substrat aus Selbstmanagement, Psychoeduktion, Empowerment und aktive Teilnahme an einer
Selbsthilfegruppe unter Gleichen bezeichnen kann. Übrigens bin ich seit 3 Jahren
Wieder bei dem Facharzt in Behandlung, der nach nur 2 kurzen Gesprächen die
Für mich niederschmetternde Diagnose "manisch-depressiv" gestellt und das
wirklich helfende Mittel erster Wahl verordnet hatte.

Anfangs bekam ich die Tabletten auch nur unter großen Schluckbeschwerden
herunter. Mit einem Glas Wasser und dem Spruch "Weg damit" habe ich die
Tabletten schnell heruntergespült. Mindestens 2 Liter Wasser am Tag sind
mein tägliche Trinkmenge, um den Lithiumspiegel stabil zu halten.

Gruß



cum grano salis
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habe quilonum neu verschrieben bekommen aber 0 erfahrung

harmony 3253 09. 11. 2007 11:22

Re: habe quilonum neu verschrieben bekommen aber 0 erfahrung

mintypolo 4169 09. 11. 2007 11:34

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Ki-Zu 2993 09. 11. 2007 11:41

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Lichtblick 3066 09. 11. 2007 14:34

Re: habe quilonum neu verschrieben bekommen aber 0 erfahrung

harmony 2678 09. 11. 2007 15:22

Re: habe quilonum neu verschrieben bekommen aber 0 erfahrung

heideengel 2727 09. 11. 2007 17:11

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positives-denken 2885 09. 11. 2007 17:32

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traum23 2699 09. 11. 2007 19:03

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gauner27 2738 10. 11. 2007 01:12

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harfe 2582 10. 11. 2007 06:46

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harmony 1968 11. 11. 2007 11:26

> 10 Jahre Erfahrung mit Lithiumcarbonat (Quilonum retard)

cum grano salis 45531 10. 11. 2007 09:46

Re: > 10 Jahre Erfahrung mit Lithiumcarbonat (Quilonum retard)

harmony 4058 10. 11. 2007 14:32

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Neo2 2919 10. 11. 2007 12:09

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Ver-rückt 3386 11. 11. 2007 18:01

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harfe 3045 12. 11. 2007 04:59

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Monster 2134 10. 11. 2017 11:02

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Friday 1531 10. 11. 2017 11:47

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Das Forum-Administrationsteam 1850 10. 11. 2017 11:55



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