Meine persönliche Geschichte: Die bipolare Störung mein Begleiter, 2016-heute

20. 04. 2019 08:52
Hallo zusammen,
ich bin nun schon so lange stiller Mitleser. Jetzt habe ich den Mut zusammengefasst und möchte meine Geschichte mit euch teilen:
Mein Krankheitsstart war im Winter 2016.
Meine Belastung durch Hauskauf, Vollzeitjob, Abendstudium waren für mich zunächst als stressig, aber machbar einzuordnen. Immer mit Vollgas und Ehrgeiz bei der Sache...doch dann kam der große Knall und Fall: ich rutschte in eine schwere Depression. Alles war schlecht, machte keinen Sinn und vor allem war ich schlecht und für nichts mehr gut. Meine Chefs waren Feindbilder, Betrüger und wir alle würden ins Gefängnis gehen. Die Angst vor der Polizei wurde zunehmend schlimmer und jedes Auto, was bei uns vorbeifuhr wurde inspiziert.
Ein Glück hatte ich meine Mutter, die mich zur Psychiaterin schickte. Dort wurde ich auf Burnout behandelt. Ich habe Antidepressiva bekommen - kann aber leider nicht mehr genau berichten, was es genau war.
Im April verbesserte sich meine „Laune“ schlagartig. Ich war fröhlich und wortgewandt, hatte Unternehmungsdrang. Erstmal waren alle froh, dass ich aus dem Loch raus war. Es hat sicher keiner etwas dabei gedacht, dass sich mein Gesamtzustand so schnell verbesserte.
Doch meine Ärztin ahnte nichts Gutes, stellte meine Medikation auf Quentiapin um und stellte die Diagnose „Bipolare Störung“. Sie sagte aber gleichzeitig, dass ich in keiner akuten Phase sei, sonst könne ich nicht mehr ruhig auf dem Stuhl sitzen. Das hat sich leider nicht bewahrheitet: von April- Mitte Juni 2017 ging es erst richtig los - meine erste Manie. Ich betrog meinen Lebensgefährten mehrfach, zog aus unserem Haus aus in eine viel zu überteuerte Wohnung, kaufte/finanzierte ein Auto viel zu überteuert, mietete einen Ersatzwagen für den Übergang, ließ mich auf meinem Allerwertesten tätowieren, glaubte durch Liebe kann man heilen, war Hochzeitsbesessen und glaubte durch Kennzeichen meine Hochzeitsgäste zu wissen.
Meine Mama hat es geschafft mich durch einen Hinterhalt in die Klinik zu locken, gottseidank! Dort war ich letztlich mir richterlichem Beschluss bis Mitte August.
Ich bekam anfänglich Spitzen, die mich ruhig stellten. Jeder der Angst davor hat: ich kann sie euch nehmen. Mir hat es gut getan und ich konnte/musste endlich mal entspannen und konnte wieder schlafen.
Ich bekam erstmal etliche Medikamente, die ich leider nicht mehr alle aufzählen kann. Auch das Thema Fixierung möchte ich ansprechen, mir wurde insgesamt drei mal eine Auszeit verordnet. Erstmal ist es entwürdigend bspw. in die Bettpfanne zu machen oder seinen eigenen Willen des Aufstehens gebrochen zu bekommen. Aber es hatte seinen Sinn. Ich wurde nach einiger Zeit ruhiger, konnte Gedanken sortieren und bekam meinen längst überfälligen Schlaf. Gegen Ende wurde ich auf meinen Wunsch hin von der geschlossenen auf die offene Station verlegt. Nach den vergangenen Wochen bedeutete es Stress für mich die anderen Mitpatienten so krank zu sehen.
Entlassen wurde ich Mitte August 2017: 800 mg Lithium morgens, 20 mg Abilify mittags und 800 mg Lithium abends hieß es zum Abschied. Leider verließ ich die Klinik auch mit 30 kg mehr auf den Rippen. Ich habe mich trotzdem immer an die Medikation gehalten und heute bin ich „nur“ noch mit 800 mg Lithium morgens und abends unterwegs bei einem Spiegel von 0,6-0,7. Ich besuche meine Ärztin in der Klinik alle 6-8 Wochen zur Kontrolle - alles prima bisher und ein liebes und ehrliches Lob über meine Reflexion gibt es auch noch dazu.

Mittlerweile verfluche ich die Krankheit nicht mehr. Sie ist seither mein treuer Begleiter. Sie hat mich gelehrt auf mich zu achten, besser aufzupassen und immer auf mein Gefühl zu hören. Sie hat mich mehr zu mir selbst geführt.

Ich wünsche mir anderen damit ein wenig Mut zu machen nicht aufzugeben und Medikamente regelmäßig zu nehmen, auch wenn es nicht immer leicht ist bzw. leicht fällt.

Beste Grüße und alles Gute für Euch/Sie!
Niemals den Mut verlieren.
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Meine persönliche Geschichte: Die bipolare Störung mein Begleiter, 2016-heute

Liselotte 1335 20. 04. 2019 08:52

Re: Meine persönliche Geschichte: Die bipolare Störung mein Begleiter, 2016-heute

Statler 530 20. 04. 2019 10:58

Re: Meine persönliche Geschichte: Die bipolare Störung mein Begleiter, 2016-heute

Liselotte 410 20. 04. 2019 21:16

Re: Meine persönliche Geschichte: Die bipolare Störung mein Begleiter, 2016-heute

nebulos 444 20. 04. 2019 16:20

Re: Meine persönliche Geschichte: Die bipolare Störung mein Begleiter, 2016-heute

Liselotte 592 20. 04. 2019 21:22



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