Die Bipolare Erkrankung differenzierte Therapie gegen das Wechselbad der Gefühle
Eine bipolare Erkrankung hält den Betroffenen fest im Griff: Sie beginnt früh, und ein beträchtlicher Anteil der Patienten zeigt auch nach Jahrzehnten noch Symptome. Nachweisen konnte dies Professor Jules Angst, Zürich, der zwei Gruppen von bipolaren Patienten zwischen 1959 und 1985 bzw. zwischen 1979 und 1999 regelmäßig untersucht hat.
Das Rückfallrisiko bleibt bei bipolarer Erkrankung über Jahrzehnte gleich hoch, berichtete er im Rahmen der von Eli Lilly and Company veranstalteten Global Medical Conference in Monaco. Die Prognose der Patienten ist nicht allzu günstig: neben der hohen Suizidrate und erhöhter Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen tragen eine bei bis zu 50 Prozent der Patienten auftretende Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, gehäufte soziale Probleme wie Trennung vom Partner oder Verlust des Arbeitsplatzes dazu bei, dass bipolar Kranke früher sterben und unglücklicher leben als Menschen ohne affektive Störung.
Jahrzehntelange Phasenprophylaxe erforderlich
Eine eindeutige Verbesserung dieser Prognose lässt sich jedoch durch konsequente Behandlung erreichen, sagte Angst. Zunächst komme es darauf an, die Manie bzw. Hypomanie frühzeitig zu diagnostizieren, um eine stimmungsstabilisierende Therapie einleiten zu können. Diese Therapie muss über Jahrzehnte fortgeführt werden, denn "der Abbruch führt zum Desaster", wie Angst es ausdrückte. In der Tat ist von dem am weitesten verbreiteten Stimmungsstabilisierer Lithium bekannt, dass ein Absetzen zu schweren, kaum behandelbaren Manien führt. Dennoch ist Lithium das stimmungsstabilisierende Medikament, das weltweit am häufigsten eingesetzt wird und über das die meisten Erfahrungen vorliegen. Alternativen zu Lithium sind Valproat und Carbamazepin. In Zukunft könnte sich das atypische Neuroleptikum Olanzapin (Zyprexa®) einreihen. Für diese Substanz liegen gute Belege ihrer Wirksamkeit vor, berichtete Professor Allan Young, Newcastle/UK.
Atypische Neuroleptika wie Olanzapin bei Manien unverzichtbar
Die Behandlung manischer Phasen soll in erster Linie mit antimanisch wirksamen Medikamenten erfolgen. Viele Ärzte in der Praxis setzen bereits Neuroleptika hier ein, weil die Erfahrung zeigt, dass "Neuroleptika nützlich sind", stellte Dr. John Cookson vom Royal London Hospital fest. Er wies darauf hin, dass die gute Kontrolle der manischen Episoden auch zu Abschwächung der depressiven Phase führe, die der manischen oft nachfolgt. Die klassischen Neuroleptika wie z.B. Haloperidol werden aber von vielen Patienten wegen ihrer gravierenden Nebenwirkungen abgelehnt. Eine Alternative "ebenso gute Wirksamkeit bei besserer Verträglichkeit" biete Olanzapin. Der antimanische Effekt von Olanzapin ist dabei nicht als Konsequenz seines antipsychotischen Effekts zu sehen, sondern als eigenständiger Wirkmechanismus, betonte Professor Jean-Michel Azorin, Marseille. Die Effektivität von Olanzapin bei Manie, ausgedrückt als "Number needed to treat", war in einer Analyse von Cookson besser als diejenige von Lithium und Valproat. Außerdem verfügen atypische Neuroleptika seiner Aussage nach über ein geringeres Switch-Risiko von der Manie in die Depression als Haloperidol.
Psychoedukation senkt das Rückfallrisiko
Die medikamentöse Behandlung kann Rückfälle nur verhüten, wenn sie konsequent durchgeführt wird. Die Compliance des Patienten, sein Verständnis der Erkrankung und die Einbeziehung der Angehörigen in die Therapie spielen daher bei bipolarer Erkrankung eine besonders große Rolle. Außerdem müssen beide Seiten lernen, mit einer chronischen Erkrankung zu leben und dem ständig vorhandenen Rückfallrisiko vorzubeugen. Hier sind mehr als "nur" Aufklärung und Information gefragt, und es ist kein Zufall, dass Psychoedukationsprogramme bei bipolarer Erkrankung erfolgreich eingesetzt werden. Professor Ellen Frank, Pittsburgh/Pennsylvania und Professor David Miklowitz, Boulder/Colorado stellten Psychoedukationsmodelle vor. Die Psychiaterin Frank befasste sich mit den Betroffenen selbst, der Psychologe Miklowitz präsentierte Modelle für Angehörige.
Für Ellen Frank ist die Förderung zuverlässiger Medikamenteneinnahme nur ein Aspekt der Psychoedukation. Sie nannte eine ganze Reihe weiterer Ziele, darunter die Linderung des Traumas, das mit der Diagnose dieser Erkrankung verbunden ist sowie die Verbesserung der sozialen Integration der Betroffenen. Patient und Angehörige können ferner lernen, Alarmsymptome für einen drohenden Rückfall frühzeitig zu erkennen und rasch Hilfe zu suchen. In der Summe dienen die Ziele zumindest dem Hinaus-schieben von Rückfällen. Dass dies gelingt, konnte Ellen Frank durch Untersuchungen belegen. Als Methoden kommen neben der aufwendigen kognitiven Therapie auch die krankheitsspezifische "Interpersonal and Social Rhythm Therapy" sowie das mehr edukationsorientierte "Intensive Clinical Management" in Frage. Erstere befasst sich vornehmlich mit der Gestaltung des Tagesablaufs, letztere z. B. mit Fragen der Medikamenteneinnahme und Warnzeichen für einen Rückfall. Ähnliche Programme existieren auch für die Familienangehörigen von bipolaren Patienten.
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