01. 09. 2009 00:51
Regelmäßig Medikamente einzunehmen widerstrebt vielen Menschen, vor allem, wenn es sich dabei um Psychopharmaka handelt, die teilweise erhebliche Nebenwirkungen aufweisen. Deshalb sollte immer eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht werden und diese offen mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Da die Bipolare Störung eine sehr ernst zu nehmende Erkrankung ist und mit Suiziden oder tödlichen Unfällen enden kann, ist es leider meist unumgänglich, regelmäßig und langfristig Medikamente einzunehmen. Betroffene mit einer Bipolar II Erkrankung, die also „nur“ Hypomanien und Depressionen haben, können auch ohne Medikamente behandelt werden, wenn die Depressionen erfolgreich mit Psychotherapie oder anderen Verfahren behandelt werden kann. Dennoch besteht das Risiko, dass aus einer Hypomanie eine Manie wird und diese dann wiederum mit Medikamenten behandelt werden muss.

In der Regel ist die Einnahme von Antidepressiva vom Betroffenen erwünscht, da die Depression als sehr unangenehm erlebt wird. Deshalb werden Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme oder Libido- bzw. Erektionsprobleme zumindest für einen überschaubaren Zeitraum hingenommen. Eine langfristige Einnahme von Stimmungsstabilisierern und/oder Neuroleptika über viele Jahre ist dagegen schwerer zu akzeptieren. Betroffene klagen häufig über Müdigkeit, ein erhöhtes Schlafbedürfnis, das Gefühl, nicht mehr so „spritzig“ zu sein, Gewichtszunahme oder mangelnde Lust an Sexualität. Hier ist es wichtig abzuklären, welche Nebenwirkungen toleriert werden können im Hinblick darauf, dass neue Episoden im Idealfall mit den Medikamenten vermieden werden können. Gemeinsam mit dem Arzt sollten alternative Medikamente besprochen werden, wenn die Nebenwirkungen nicht mehr in Kauf genommen werden können. Häufig raten die Ärzte bei einer bewährten Medikamentenkombination zu bleiben und dennoch sind die Betroffenen unzufrieden. Sie setzen die Medikamente ab oder reduzieren sie langsam ohne Absprache mit dem Arzt. Dieses Verhalten kann zwar über einen gewissen Zeitraum gut gehen, meist kommt dann aber sehr schnell die nächste Episode. Dies bedeutet erstens wieder eine Krankheitsphase, die für die Arbeitsstelle und die Familie Folgen haben kann, außerdem ist es möglich, dass die bewährte Medikamentenkombination jetzt nicht mehr wirkt. Deshalb ist es sehr zu empfehlen, Medikamente nur unter Absprache und unter „Beobachtung“ zu reduzieren oder umzustellen. Nach einigen Jahren ohne Krankheitsepisode und guter Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten und Psychiater können durchaus langsam Medikamente reduziert werden, wobei in der Regel ein niedrig dosierter Stimmungsstabilisierer erhalten bleiben sollte.

Viele Menschen vermissen über die Zeit ihre hypomanen Phasen. Dies ist ganz normal. Wer eine solche Hochphase einmal erlebt hat, der würde sie gerne wieder haben. Es ist in etwa wie nach einer Einnahme von Drogen, nur viel einfacher zu erreichen: man muss „nur“ die „dämpfenden“ Medikamente weglassen und schon ist man bald wieder in einer solchen Phase. Theoretisch kann dies tatsächlich der Fall sein, es kann sich aber genauso gut eine Depression anbahnen. Und kommt die Depression nicht gleich nach Absetzen der Medikamente, dann kommt sie in aller Regel spätestens nach Abklingen der Hypomanie. Und dann wünschen sich die meisten doch, sie hätten die kurze Zeit der Hypomanie nicht gehabt, wenn sie damit auf die schwere und langanhaltende Depression hätten verzichten können. Manche Betroffene müssen diese Erfahrung erst ein paar Mal machen, bis sie verstehen, welchen Teufelskreis die Hypomanie auslöst. Zum Glück gibt es Patienten, die schon nach der Teilnahme an einer Gruppe und dem Miterleben solcher Phasen bei Anderen daraus lernen und sehr verantwortungsvoll mit ihrer eigenen Gesundheit umgehen. Studien konnten zeigen, dass sich mit jeder neuen Episode die kognitive Leistungsfähigkeit verschlechtert, was wiederum Konsequenzen für Beruf und Freundschaften oder Beziehungen haben kann. Viele Betroffene denken sogar, dass die kognitiven Einbußen medikamentenbedingt sind. In der Regel kommt hier aber eins zum anderen.

Quelle: Dr. Britta Bernhard, Universitätsklinik München



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.06.12 03:32.
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