Der Generation meiner Eltern ist in erster Linie vorzuwerfen, dass sie die erlittenen Gräuel, Traumata und massiven, teils ja systemischen und ideologiegetriebenen Erziehungsfehler (oder -verbrechen) mehrheitlich NICHT aufgearbeitet haben. Natürlich waren die alle zuerst einmal nur Opfer dieser Dinge, teils massiv Beschädigte, alles arme Säue. Aber durch dieses nach Kriegsende sofort erfolgte kollektive "vorbei ist vorbei" und "wir wollen jetzt nach vorne sehen" wurde nur ein dünner Deckel über etwas gelegt, das unterirdisch kräftig weiterwirkte.
Dadurch, dass totgeschwiegen und geleugnet wurde, konnte das schleichende Gift auf meine Generation nur umso besser wirken, denn die Quelle war einfach nicht auszumachen. Offiziell war da ja gar nichts, darüber wurde nicht gesprochen.
Und dann passiert auch noch, dass meine Generation die Versäumnisse der Elterngeneration ausbaden musste, denn obwohl wir das Gift teils großzügig verabreicht bekamen, wollte ich es KEINESFALLS an die nächste Generation weitergeben. Ich hoffe, es hat geklappt. Was ich bislang bei meinem Sohn beobachten kann, macht mir Mut.
Und noch eine Bemerkung:
Moral ist zwar ein System, dass letztlich auf Ausgleich abzielt, es ist aber kein reiner Warentausch. Grundsätzlich sollte ich mich auch einem chronisch Ungerechten gegenüber gerecht verhalten.
Wenn ich also ein allgemeingültiges Gebot außer Kraft setzen möchte, dann reicht der Hinweis, dass die Gegenseite in der Vergangenheit auch ungerecht war, eigentlich nicht aus.
Es sähe anders aus, würde die Erfüllung dieses Gebots mich in starke innere Konflikte stürzen. Ich glaube, das ist gegeben.
LG .............. Brickman