Hallo zuma,
ich möchte Dir danken, dass du versuchst, die Diskussion auf eine sachliche Ebene zu bringen und die Frage demnach auch ernst gemeint ist.
Die Auszeichnung sehe ich bezogen auf die ganzen Jahre, in der Laudatio wurde ja auch auf die vielen Jahre des Bestehens hingewiesen. Auch ich habe viel über das Forum, bzw. über die vielen Beiträge der Schreibenden hier mitnehmen können. Viele Informationen und Erfahrungen, die auch auf meine Genesung einen Einfluss hatten.
Es gab Zeiten, da ging es auch mir hier zu hoch her und die vielen Auseinandersetzungen, die mit einer kontroversen Diskussion nichts mehr zu tun hatten und wo sich SchreiberInnen regelrecht gegenseitig versuchten sich zu demontieren, teils über mehrere Bäume und längere Zeiten hinweg, waren wirklich arg. Dass dies weitestgehend der Vergangenheit angehört, ist auch für mich sehr zu begrüßen. Da haben die Admins ihren Anteil dran, dass dies so ist.
Jedoch, und das wird ja in der Dankesrede auch erwähnt, ist es mir hier teils "zu ruhig" geworden und irgendwie habe ich das Gefühl, dass ein Teil des Esprit durch die "Befriedung" auch verloren gegangen ist. Für die Einen mag es genau das Richtige sein, die Anderen bedauern, dass ein Stück Lebendigkeit dadurch fehlt.
Mir fehlt ganz bestimmt nicht das persönliche "Zerhacken" hier, aber manches Mal eine lebendige Kontroverse, die eben durchaus Themen auch abseits der gängigen Lehrmeinung zulässt. Zarte Pflänzchen, wie J. Baum sind zwar da, aber z.B. das Interview von einer Schreiberin, welches sich ganz klar mit der Thematik "bipolare Störung" befasste, wenn auch auf evtl. provozierende Art, wurde ins Off verschoben. Das sind zum Beispiel Dinge, wo ich mir eine andere Entwicklung wünsche, die mehr solche Diskussionen zulässt. Wie J. Baum gezeigt hat, sind die SchreiberInnen durchaus in der Lage, kontrovers ohne persönlich zu werden, zu diskutieren.
Da ich mehrere Jahre auch Chatadmin war, weiß ich, dass man als Admin immer zwischen den Stühlen sitzt und es nie allen Recht machen kann. Der Job ist sicherlich nicht ohne und manchmal werden die Grenzen auch ganz schön ausgereizt. Deshalb denke ich, wäre eine Supervision für Admins durchaus Sinnvoll, warum nicht mit jenen vom Beratungstelefon zusammen, da meine ich, war zumindest eine Supervision angedacht.
Desweiteren sehe ich schon eine Problematik darin, wenn Admins einerseits mit "offenem Visier" arbeiten, also geoutet sind und dadurch natürlich auch persönlich "angreifbar" sind und sich mit ihrem normalen Usernick weiterhin rege am Forum beteiligen. Das muss natürlich jeder Admin selber für sich entscheiden. Mag es einerseits der Transparenz dienen und mutig sein, aber andererseits ist dadurch auch die Belastung größer. Und die Gefahr größer, selbst in einen "Streit" verwickelt zu sein oder zu werden.
Dann aber ergibt sich eine in meinen Augen paradoxe Situation. Auf der einen Seite ist derjenige User und auf der anderen Seite Admin, hier ist die Frage, ob jemand, der selbst emotional im Streit verwickelt ist, noch unvoreingenommen seinem Adminjob nachgehen kann. Und selbst wenn die gemeinsame Entscheidung des Adminteams auch aus objektiver Sichtweise korrekt ist, wird dies ggf. aber von der anderen Seite nicht so empfunden. Genau dieser Punkt wäre auch ein gutes Supervisions-Thema.
Und da sehe ich wie kirre auch, ein Problem, für Menschen, die ggf. durch ihre früheren Erfahrungen schon getriggert sind und nun jemanden, um Freischaltung bitten müssen, der zumindest aus deren Sicht, in dem Streit verwickelt war. Hier wäre eine automatische Freischaltung nach einer zuvor benannten Zeit für beide Parteien aus meiner Sicht die bessere Alternative.
Ich hoffe, ich konnte Deine Frage einigermaßen beantworten und hoffe auf eine weitere sachliche Diskussion.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).