Ich habe zahlreiche Leute verloren durch Suizid in meinem Umfeld, allerdings keine aus meiner eigenen Familie, wo ich direkt Angehöriger war. Aber es ist grundsätzlich immer hart, ich meine da waren auch enge Freunde darunter, die ich mehr als ein Jahrzehnt lang gekannt und ständig gesehen haben.
Den schlimmsten Fall fand ich, als sich 2013 ein Freund vor einen Güterzug gestellt hat auf den Gleisen, denn: Er war gegen aussen immer freundlich, friedlich und fröhlich drauf. Immer gute Laune und was unternehmen gehen, alles okay mit Job und Freundeskreis, sogar mit den Frauen... aber das war eben nicht so, wie man seinem Abschiedsbrief entnehmen konnte: Er hat nur eine Maske getragen, eine Fassade aufgebaut von einem schönen Leben, während hinter dieser Fassade in Tat & Wahrheit ein Abgrund psychischer Probleme mit Depressionen usw. vorhanden war.
Ich war so naiv, so leichtgläubig, das ich mich habe in die Irre leiten lassen - ich hätte es erkennen müssen. Hätte es durchbrechen sollen, diese Mauer des Schweigens mit einem verzerrten Lächeln "Es geht mir gut". Zu sagen, nein, es geht dir eben nicht gut, du gehörst in eine Klinik mit Therapie und Medikamenten, deine Probleme müssen wir in den Griff kriegen.
Aber letztendlich hat er alle getäuscht, selbst seine eigene Familie, seine eigene Partnerin und alle seine Freunde. Bis zum Ende hat er diese Maskerade, diesen Fake, das es ihm gut gehen würde, durchgezogen. Bis der Punkt kam, wo in einer Kettenreaktion alles kollabiert ist und er in seiner Verzweiflung den Suizid als Ausweg wählte.
Was ich daraus ziehe als Botschaft ist vor allem eines: Immer über die Probleme reden, die einem bedrücken. Es rauslassen, selbst wenn es zu Leid, Schmerz und Tränen führt. Niemals sich einigeln und eine Wand hochziehen, hinter der man seine Gefühle versteckt.
Ich habe mir wie die Angehörigen lange Vorwürfe gemacht, warum ich es nicht rechtzeitig gesehen habe. Aber irgendwann muss man auch zum Punkt kommen, das man nicht fähig sein kann, alles immer richtig zu machen im Leben und das man weitergehen muss, auch nach Verlust und Leid.
Man muss die Selbstvorwürfe irgendwann stoppen, sonst geht man nämlich selbst früher oder später kaputt daran. Deshalb muss man jene in Frieden ruhen lassen und sich eher überlegen, wie man sowas in Zukunft verhindern kann, das man aufmerksamer, sensibler ist und auch mal nachfragt, ob es den Leuten wirklich gut geht.
Gruss
Wesker