Wege zum und aus dem Fanatismus

27. 04. 2018 15:16
Hallo Skandal,

ich weiß zwar nicht, warum du dich gerade mit dieser Thematik beschäftigst. Aber ich denke, auch der Fanatismus ist vielschichtig.

Die Freiheit und die Freiheit zu denken und zu handeln bedeutet auch, sich vielem bewusst zu sein, viel Verantwortung zu tragen, fordern viele Entscheidungen, eben auch ggf. falsche Entscheidungen. Je größer der Rahmen ist, aus dem Dorf wird eine Stadt, aus der Stadt ein Land, aus dem Land ein Kontinent und aus diesem die globale Welt, desto komplexer wird es.

Heute kommt hinzu, dass Informationen in Sekunden um die Welt gehen und durch den globalen Austausch sich extrem viele Möglichkeiten ergeben. All das muss der Mensch händeln können. Andererseits macht es einigen Menschen aber auch Angst. Sie wollen eine Richtschnur, jemand der sagt, wo es lang geht, was richtig und was falsch ist, sonst fühlen sie sich verloren.

Ich denke, je verunsicherter ein Mensch ist, desto mehr hält er an solchen "Regeln" fest und verteidigt sie sogar fanatisch. Denn das Einsehen, dass ggf. einige Regeln keinen Sinn ergeben, kommt einem Verlust der Orientierung gleich. Aber genau diese Orientierungslosigkeit ist mit großer Angst besetzt. Vielleicht auch die unbewusste Kenntnis, dass man ja dann für alles selbst die Verantwortung trägt. Da ist es besser, auf all das vehement zu verharren, keinen Deut Preis zu geben. Je mehr Gegenwind, desto fester die Treue zu den vorgegebenen Denkrichtung.

Hinzu kommt dann noch, dass Menschenfänger genau wissen, wie sie unsichere Menschen binden. Mit Kameradschaft, einer für Alle und Alle für Einen, mit den Lockungen von Posten und Aufgaben, die den Menschen zum Sinn verhilft, etc. pp.

Aber gerade da kann man ggf. auch eine Kritik an die gesellschaftliche Struktur sehen, wenn Menschen sich leichtfertig auf soetwas einlassen. Wir sind Herdentiere, brauchen Gemeinschaft, suchen nach einem Sinn im Leben, wollen ernst genommen und wertgeschätzt werden. Wenn wir lernen können, dass wir auch mit unseren Unzulänglichkeiten Okay sind, dass wir nicht einer bestimmten Norm genügen müssen, das wir Fehler machen dürfen, die uns sogar zum Wachsen bringen kann, dass es nicht schlimm ist, sich mal selbst in Frage zu stellen und wir dennoch Wertschätzung und Anerkennung bekommen, kann dies vielleicht preventiv wirken, aber sicherlich auch nicht immer.

Viele Grüße Heike

------------------ Signatur --------------------------

Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.

"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 27.04.18 15:17.
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Fanatismus

Skandal 1515 27. 04. 2018 14:56

Wege zum und aus dem Fanatismus

Heike 558 27. 04. 2018 15:16

Re: Wege zum und aus dem Fanatismus

Skandal 536 27. 04. 2018 18:58

Re: Wege zum und aus dem Fanatismus

Heike 511 27. 04. 2018 19:49

Re: Wege zum und aus dem Fanatismus

soulvision 605 27. 04. 2018 21:04

Re: Wege zum und aus dem Fanatismus

SilverPhoenix 479 28. 04. 2018 03:11

Re: Wege zum und aus dem Fanatismus

Skandal 872 28. 04. 2018 14:01



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