Nach den ersten beiden Episoden habe ich mich nicht wirklich um die Krankheit gekümmert. Ich war nur besessen davon, wieder kochen zu gehen. Ich hab meinen Job geliebt. Beide Male habe ich mich so getrieben, dass ich kurz nach der Wiedereingliederungsmaßnahme in der Klinik gelandet bin. Damals waren es meine Freunde und die Mitstreiter im Krankenhaus mit zwei Gruppensitzungen pro Woche (also Therapien), die mir geholfen haben, wieder klarzukommen. Ich habe das da nur nicht als Krankheit wahrgenommen. Von 2002-2016 war ich dann ohne Episoden.
Im Frühjahr letzten Jahres war alles anders. Ich war erschöpft, konnte nicht mehr so richtig arbeiten, 190 Stunden waren einfach zu viel. Ich hatte meinen Chef mehrmals gebeten, doch meine Stunden runterzustufen, aber so lange man nicht halbtot in der Küche liegt, darf man nicht früher gehen ;) Irgendwann hab ich dann angefangen zu spinnen, von Weltherrschaft zu sprechen, habe allen möglichen Leuten aus der Weltpolitik geschrieben......ich war schon ziemlich durchgeknallt. Dann hat mich eines Tages der Chef angeschrien. Und ganz gegen meine Art, ich bin eher deeskalierend auf dem Weg, übelst zurückgeschrieen. Das Zurückschreien hat mir wirklich gutgetan. Und dann bin ich einfach nicht mehr zur Arbeit hingegangen. Hab mich aber dummerweise nicht krankschreiben lassen.
Dann war ich auf einer ganz normal psychiatrischen Station. Aber da ich immer manischer wurde, kam ich auf die Intensivstation und wurde dort erstmal "niedergeknüppelt" mit Medikamenten, 5 mal fixiert und bekam einen gesetzlichen Betreuer. Ab Juli war ich dann wieder klar im Kopf. Seitdem kümmere ich mich wieder um alles. Die ersten Wochen danach hatte ich eine Therapeutin. Dann nahm ich an einer Studie für Bipolare teil - einen Samstag mit 8 Stunden pro Monat -währenddessen darf man keiner anderen Therapie nachgehen, aber ab Februar habe ich wieder Gespräche bei meiner Therapeutin.
Bücher habe ich noch keine gelesen. Ich konnte mich lange nur auf kurze Texte konzentrieren, wenn überhaupt. Dieses Mal sind meine Gedächtnislücken so schlimm, dass ich mich nicht mehr an Namen und anderes erinnern kann. Leute grüßen mich und ich kann sie nicht zuordnen. Und dann bin ich an einem Ort und mir fallen einfach so Sachen ein. Mein Wortschatz ist kleiner geworden. Musik hilft mir, abzuschalten.
Was mir aber wirklich am meisten geholfen hat, war und ist meine Tochter. Sie hat mir Struktur gegeben. Ich musste morgens aufstehen, sie für die Schule fertig machen etc.. Da sie verstört war, weil ihre Mutter nicht mehr sie selbst war, ging ich immer mit ihr zur Spieltherapie und habe ihr jeden Tage wieder beweisen müssen, dass ich die Alte bin. Sie hatte schon vorher Schulprobleme und ich habe mich um einen heilpädagogischen Platz in einer Tagesstätte gekümmert und sie hat jetzt auch endlich einen Platz in einer besonders geförderten Klasse. Sie weint nicht mehr morgens, dass sie zur Schule gehen muss, geht gerne hin, und wir zwei sind auf einem guten Weg.
Jetzt habe ich mich noch um mein finanzielles Desaster und danach um meine berufliche Zukunft zu kümmern. Dabei hilft mir eine Frau vom betreuten Wohnen, die ich einmal wöchentlich aufsuche.
Nicole